Rote Karte gegen Zwangsprostitution – eine fragwürdige Kampagne des Deutschen Frauenrats

Monika Frommel
2006 Neue Kriminalpolitik  
S icher gibt es schreckliche Fälle von »Zwangsprostitution«. Aber alle ExpertInnen wissen auch, dass nicht der Zwang, schon gar nicht der physische Zwang zur Prostitution das Problem ist, sondern die ungeregelten Arbeitsbedingungen in der Prostitution, indirekter ökonomischer Zwang also: die Strukturen dieses Marktes, nicht nur die Brutalität von Zuhälter und Bordellbetreiber. Dass dabei eine irreguläre Migration die ohnehin reichlich vorhandenen Probleme verschärft, ist ebenfalls klar. Aber
more » ... h das ist kein spezifisches Problem von Prostituierten, sondern eines, das alle irregulären MigrantInnen teilen und das mit den erweiterten Strafbestimmungen gegen Menschenhandel vermutlich nicht gelöst werden kann. Liest man die dramatisierenden Texte, die mit der Kampagne des Frauenrats kursieren, dann wird deutlich, dass es im wesentlichen politische Korrektheit ist, welche es den kirchlichen und anderen Frauennetzwerken verbietet pauschal gegen den schwarzen, grauen und selbst dort, wo viel verdient wird, ungeregelten Markt sexueller Dienste zu wettern. Also suchen und finden sie Opfer. Aber mit dem Label »Zwangsprostituierte« kann man den Angesprochenen nur selten helfen und erfüllt wohl eher eine Mittelschicht spezifische Annahme, dass eine Frau nur aus Not und insoweit gezwungen so etwas macht.
doi:10.5771/0934-9200-2006-2-53 fatcat:pj3e2ygno5bi3fpt2zil4tti6i