IV. Krise und Wende: Die Pariser Außenministerkonferenz 1946 [chapter]

Der Alliierte Kontrollrat in Deutschland 1945-1948  
Die Pariser Außenministerkonferenz, obwohl nicht vorrangig mit der deutschen Frage befaßt, war die entscheidende Zäsur in der Geschichte des Kontrollrats: An ihrem Ende war der Versuch erkennbar gescheitert, die angestrebte Wirtschaftseinheit über die Wahrung bzw. Wiederherstellung der politischen Einheit zu gewährleisten. Trotz mancher Einzelerfolge und Kompromisse war kein Einvernehmen über eine europäische Friedensordnung erzielt worden, die den Rahmen zur Lösung der Deutschlandfrage geboten
more » ... hätte. Die in Paris durchscheinende Verknüpfung der europäischen, ja globalen Entfremdung mit der besatzungspolitischen Enttäuschung in Deutschland bereitete das Klima für einen Meinungsumschwung, der in Großbritannien seit geraumer Zeit unter dem Aspekt einer "Revision von Potsdam" diskutiert wurde. Der Alltag des Friedens hatte die Hoffnungen, die Illusionen von Potsdam eingeholt. Die Zwänge der Besatzungspraxis forderten die Revision der deutschlandpolitischen Entwürfe; die Bindungen des Einstimmigkeitsprinzips im Kontrollrat begründeten den Wunsch nach erweiterter Handlungsfreiheit, die nur um den Preis der Aufkündigung des prekär gewordenen Konsenses zwischen den Alliierten zu haben war. Kurz: Es mußten Entscheidungen getroffen werden. Stalins Rede vom 9. Februar, Kennans "langes Telegramm" vom 22. Februar und Churchills Fulton-Rede vom 5. März 1946 markierten, auch wenn letztere sich als Reaktion auf Stalins Äußerungen verstanden, den synchronen Takt dieses Entfrem-
doi:10.1524/9783486594317.149 fatcat:t55bztn5rzfmtmr25rkjbt55hm