"… und mir sollte nicht leid sein …?" : über die Facetten von Gottes Mitleid im Jonabuch [article]

Irmtraud Fischer, Universitaet Tuebingen
2021
lrmtraud Fischer » .•• und mir sollte nicht leid sein ... ?« Über die Facetten von Gottes Mitleid im Jonabuch Die christliche Rezeptionsgeschichte des Jonabuches hat wohl aufgrund der neutestamentlichen Zitate, die die drei Tage im Bauch des Fisches als Antitypos zu den drei Tagen im Grab typologisch verbinden, das Schwergewicht auf diese Szene gelegt. Nach drei Tagen wird Jona an Land gespien, am dritten Tag ersteht Jesus von den Toten. Diese Auslegungstradition spiegelt sich vor allem in der
more » ... ünstlerischen Umsetzung wider: Den Propheten Jona erkennt man an seinem Attribut, dem Fisch. Wenige Kunstwerke -wie zum Beispiel die Fußbodenmosaiken der Basilika von Aquileia 1 -setzen auch andere Szenen des Buches wie etwa jene mit der schattenspendenden Staude ikonographisch um. Die Auslegungsgeschichte des letzten Jahrhunderts hat aufgrund des historisch-kritischen Z ugangs zur Exegese dieses Buches seinen Fokus verständlicherweise nicht mehr auf die durch die neutestamentliche Rezeption vorgegebene typologische Lektüre gelegt, sondern auf das Mitleid Gottes mit aller Kreatur. Diese Schwerpunktsetzung wurde allerdings häufig mit einer antijüdischen Tendenz vorgenommen, da der engstirnige Prophet aus dem Judentum von seinem großmütigen Gott über seinen universalen Heilswillen belehrt werden müsse. Wie steht es um das Mitleid Gottes im Jonabuch? Kann man »Mitleid« tatsächlich als Deutekategorie des Buches aus dem Text begründen? Und wenn dies so wäre, mit wem hat Gott Mitleid? Da in diesem Band der Gnadenformel ein eigener Beitrag gewidmet ist, steht die Textpassage von 4,2 hier nicht im Zentrum der Untersuchung, sondern die das Buch beschließende Frage Gottes nach seinem Mitleid (4,11). o,n, Mitleid -ein Deutewort des unvermeidlichen Strafvollzugs im Horizont der Gnadenformel Die das Jonabuch abschließende rhetorische Frage Gottes hat mäeutischen Charakter: Sie soll den Propheten, dem es um den verdorrten Rizinusstrauch leid ist (oin 4, 1 O), durch eigene Erkenntnis dazu bringen, dem verschonenden Handeln Gottes zuzustimmen:
doi:10.15496/publikation-52794 fatcat:ba5vctepq5dmjm5sbclcvkfp2i