II. Zur Diagnostik der Interpolationen in den Digesten und im Codex

Fr. Eisele
1886 Zeitschrift der Savigny-Stiftung fur Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung  
in Freiburg i. B. Dass Digesten und Codex, insbesondre die ersteren, in rechtsgeschichtlicher Hinsicht noch nicht so ausgebeutet sind, wie dies möglich wäre, dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen. Je näher aber der Zeitpunkt heranrückt, in welchem diese Rechtsbücher als Quellen des geltenden gemeinen Rechts nicht mehr in Betracht kommen werden, desto mehr werden sie voraussichtlich von Seiten der rechtsgeschichtlichen Forschung in Anspruch genommen werden. Es ist, wenn nicht neue Quellen von
more » ... lang noch entdeckt werden sollten, anzunehmen, dass die Fortschritte in der Erkenntniss des klassischen römischen Rechts, die wir hoffentlich noch machen werden, grösstenteils beruhen werden auf einer intensiveren Ausnützung des in den Digesten enthaltenen rechtsgeschichtlichen Materials. Schon jetzt kann man sich auf die in dieser Zeitschrift veröffentlichten "Forschungen in den Edictscommentaren" von Lenel 1 ) als eine Bestätigung dieser Annahme berufen. Es ist ohne Weiteres klar, dass für die Benützung der Digesten und des Codex in rechtsgeschichtlicher Absicht eine vollständige und sichere Erkenntniss der von den Compilatoren vorgenommenen Aenderungen von grösstem Werthe sein würde. Stünde damit zunächst auch nur das fest, dass dieses und jenes von einem klassischen Juristen oder von einem Kaiser der klassischen Zeit nicht herrühre: es brauchte solche Erkenntniss darum noch nicht immer eine negative zu bleiben. Vielmehr Hesse sich auf Grund derselben mit Zuhilfenahme ') Dieser Aufsatz ist geschrieben, bevor Lenel's Eclictnm perpetuimi erschien. Brought to you by | University of Glasgow Library Authenticated Download Date | 6/25/15 6:27 PM ') Bei weitem nicht alle diese Stellen sind in Mommsen's beiden Digesten-Ausgaben als solche bezeichnet. Mommsen hat in der Vorrede zu seiner grossen kritischen Ausgabe p. LXXVIIt inf. mit Recht ausgesprochen, dass dies nicht zur Aufgabe des Herausgebers der justinianischen Digesten gehöre; die Gesichtspunkte, welche ihn zur Bezeichnung einzelner Interpolationen bestimmten, giebt er ib. p. LXXVIIII an. Diese sind aber auch nicht immer massgebend geblieben. In der kleineren Ausgabe kann dieses Verfahren hei denjenigen, welche die Vorrede der grösseren nicht gelesen haben, die irrige Meinung hervorrufen, als seien Dach Mommsen's Ansicht mir da Interpolationen vorbanden, wo dies angegeben ist und sonst nicht.
doi:10.7767/zrgra.1886.7.1.15 fatcat:ovyiqiinjbgivnz33no3fl4o6i