Franz Xaver Messerschmidt und die Konstruktion des Ausdrucks. Franz Xaver Messerschmidt and the construction of expression [chapter]

Thomas Kirchner
2012
schmieds geht eine eigenartige Faszination aus, doch entzieht es sich nicht selten eines Zugriffs. Insbesondere die berühmten, etwa ab 1770 entstandenen Charakterköpfe wollen sich nicht einer Klassifi kation, wie sie die Kunstgeschichte entwickelt hat, fügen. Ungeach tet der zahlreichen wichtigen Erkenntnisse, die in den letzten Jahren gewonnen wurden, 1 verschließen sich die Köpfe noch immer über weite Strecken. Die Quellen, vor allem Friedrich Nicolais Bericht von seinem Besuch bei dem
more » ... r im Jahre 1781, 2 helfen nur wenig, die zahlreichen offenen Fragen zu beantworten. Und auch die von Ernst Kris' zentraler Studie ausgehenden Versuche, die Wer ke mit einer psychischen Erkrankung des Künstlers zu erklären, 3 brachten nicht mehr Licht in das Dunkel. Die Irritation der For schung ist verständlich. Messerschmidt hatte soeben erfolgreich den Schritt zum Neoklassizismus vollzogen, um sich den Charakterköp fen zuzuwenden, die sich so gar nicht den Vorstellungen von dem neuen Stil fügen wollen. Die Köpfe sind singulär, doch sie sind so voraussetzungslos nicht, wie man es mitunter glaubte. Sie sind viel mehr in einen kulturgeschichtlichen Kontext der Aufklärung einge bunden, 4 auch gehören sie in den künstlerischen Kontext des Neo-
doi:10.11588/artdok.00001952 fatcat:bmhsifytavftrjclxabx32tzba