Spezifische Desinfektion und Chemotherapie bakterieller Infektionen

J. Morgenroth, E. Bumke
1914 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Die vielfach erwiesene Unmöglichkeit, die ehem j sehe Desinfektions wirkung im Reagenzglas mit dem Ergebnis des chemotherapeutischen Tierversuehes in einen gesetzmäßigen Zusammenhang zu bringen, ließ die Bedeutung des Reagenzglasversuches für die chemotherapeutische Forschung in hohem Maße zurücktreten. Bei dem in Anschluß an die Methodik von Laveran und Mesnil zunächst allgemein verwendeten Versuchsobjekt, das auch die für die Chemotherapie grundlegenden Arbeiten Ehrlichs und seiner
more » ... vor allem beherrscht, den Trypanosome n, trat naturgemäß der Reagenzglasversuch deshalb gegenüber dem Tierexperiment in den Hintergrund, weil er mangels leicht ausführbarer Kulturmethoden nicht in reiner Form, wie bei Bakterien, sondern schließlich nur kombiniert mit dem Tierversuch auftreten konnte. Man besitzt zwar in der Beeinflussung der Eigenbewegung der Trypanosomen eine leicht abzulesende Reaktion, um die schädigende Wirkung chemotherapeutischer Agentien festzustellen, aber besonders die Untersuchungen von N even u. a. in E h rue h s Laboratorium haben gezeigt, daß der Bewegungsapparat der Trypanosomen in hohem Grade selbständig ist und daß seine Schädigung keinen Anhaltspunkt dafür gibt, ob die Trypanosomen abgetötet oder auch nur in ihrer Vermehrungsfähigkeit gehemmt sind. Umgekehrt kann trotz anscheinend intakter Motilität eine schwere Schädigung der Trypanosomen bestehen, die ihrer Vermehrung und Existenz im Tierkörper ein Ende macht. Es ist schon durch die Untersuchungen von Ehrlich und Shiga bekannt, daß z. B. das Trypanrot, das im Tierversuch ein recht wirksames trypanozides Agens darstellt, selbst in hohen Konzentrationen eine durch direkte Beobachtung nachweisbare Wirkung auf die Trypanosomen in vitro nicht erkennen läßt. Analoge Beobachtungen kann man machen, wenn man trypanosomenhaltiges Blut zu stark verdünnten Lösungen von Salvarsan zusetzt. Die mikroskopische Kontrolle ergibt keinerlei Beeinflussung der Beweglichkeit der Trypanosomen; injiziert man derartige Mischungen empfindlichen Versuchstieren (Mäusen), so zeigt sich, daß die Trypanosomen ihre Infektionsfähigkeit verloren haben. Welche Rolle bei dem Zustandekommen derartiger Divergenzen der Organismus des Versuchstieres spielt, Ist im Einzelfalle nicht ohne weiteres klar, aber der reine Reagenzglasversuch wurde auf alle Fälle auch auf diesem Gebiet in seiner Bedeutung erheblich abgeschwächt. 538 DEUTSCHE MEDIZiNISCHE WOCHENSOHRIFT. Nr. 11 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
doi:10.1055/s-0029-1190257 fatcat:frphlbuq6fgk3bfsea6lamnjtm