Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) als Verantwortungsverbund: Systemgebundene Aufgabenerfüllung durch eigenständige Kompetenzträger

Christian Seiler
2004 Europarecht  
Mit der Einführung von Euro-Bargeld zum 1.1.2002 wurde die europäische Währungsunion vollendet. Bereits 1999 durch bindende Wechselkurse verwirklicht, wird sie nun greif-und sichtbar. Die Bürger halten Geldscheine in den Händen, welche das Kürzel "EZB" und die Unterschrift ihres Präsidenten tragen. Damit konnte einer der größten Erfolge der bisherigen Integration Europas errungen werden. Der Euro erweist sich als stabile Währung und hat das Vertrauen der Bürger gewinnen können. Zugleich ist die
more » ... Währungsunion ein Meilenstein auf dem weiteren Weg der europäischen Integration, der ökonomische Sachzwänge schafft und so künftige Integrationsschritte nach sich ziehen wird. Schließlich ist der Euro zum Sinnbild für Europa geworden. In Wirtschaftskreisen wird gelegentlich sogar die Kunstbezeichnung "Euro-Land" gewählt, um den Geltungsraum der Währung zu umschreiben. Der Europäische Konvent hat den Euro zudem als Symbol Europas vorgeschlagen. All dies belegt die Bedeutung des Währungswesens für die Einigung des Kontinents. II. Das ESZB als Verantwortungsverbund Die hierin anklingende große Integrationsdichte erweckt den Anschein starker Zentralisierung. Die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main rückt als maßgebender Verantwortungsträger in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die nachfolgenden Ausführungen sollen jedoch zeigen, dass sich die Vertragsstaaten für ein System eigenständiger Notenbanken statt für eine einzige Zentralbank im strengen Wortsinne entschieden haben. Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) 1 ist Dreh-und Angelpunkt europäischer Währungsverantwortung. Wesensmerkmal dieses Systems ist es, ein Verantwortungsverbund zu sein, in dem systemgebundene Aufgaben durch eigenständige Kompetenzträger erfüllt werden.
doi:10.5771/0531-2485-2004-1-52 fatcat:5yzgc7rtbngujfpoyp7ek37icm