Erfahrungen mit Heilners Knorpelextrakt "Sanarthrit"

Erich Sonntag
1921 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
SanarthrW' schien nach den Veröffentlichungen seines Erfinders und nach denen einiger anderer nachfolgender Autoren in der Therapie der chronischeui Gelenkerkrankungen 7vollste Be'achtung zu verdienen. Auch an der Payrschen Klinik wurde Sanarthrit seit Frühjahr 1919 in geeignet erscheinenden Fallen angewandt Naturgeniaß war the Zahl dieser Falle bei chirurgischer Klientei recht beschrankt In der Regel handelte es sich auch um a m b u I a n t e Patienten bis auf die erstbehnndelten, zu welchen
more » ... s Gründen der Vorsicht stationäre ausgesucht wurden. Unsere Studien sind noch : keineswegs abgeschlossen. Immerhin erscheint eine baldige, wenn auch vorläufige Bekanntgabe unserer Erfahrungen wünschenswert, und die bisherige Beobachtung, welche zwar nur wenige, aber von mir selbst eingespritzte und selbst sowie längere Zeit beobachtete Fälle umfaßt, im Verein mit den in der Literatur bisher vorliegenden Veröffentlichungen anderer Autoren geeignet, ein gewisses Urteil uber die Bedeutung der Behandlungsmethode abzugeben. Was unsere eigenen Beobachtungen angeht, so konnten wegen Ráummangels die Krankengeschichten nicht wiedergegeben werden, auch nicht in kurzem Auszug Wir begnügen uns daher, eine epikritische Zusammenstellung mit folgendem Ergebnis zu bringen: Mit Sanarthrit wurden behandelt bisher 20 Fälle mit insgesamt 150 Einspritzungen. Die Zahl der Spritzen betrug durchschnittlich etwa 7, und zwar im einzelnen 4mal 13-14 (in Doppetserien), 12mal 6ç und 4mal weniger als 6, namlich 1mal 5 2maI 4 und 1mal 2 Spritzen, wobei in den letztgenannten 4 Fällen die Behandlung auf Wunsch der-Patienten vorzeitig abgebrochen werden mußte. Die Methodik war die von 1-leilner vorgeschlagene und auch von den meisten Nachuntersuchern befolgte : Stets wurde j n t r -ST e n ô s injiziert, wobei die Einführung des Mittels in die Vene bis auf yerschwindende Atsnahmen gut und völlig gelang. Fast in allen Fällen wurde die Dosis 1,0 cern Stärke li gewählt, nur bei einigen Patienten zu Anfang etwas weniger, nämlich 0,8-1,0 ccm Stärke I oder aber zum Abschluß etwas mehr, nämlich 1,0-2,0 ccm Stärke H, und zwar dies bei Fall 20 (Eigenbeobachtung) mit Rücksicht auf die in diesem Fall, wie überhaupt in den letzten Fällen, beobachtete Reaktionsschwäche. Die Zwischenpausen zwischen den einzelnen Spritzen betrugen meist 5--7 Tage, nur selten weniger oder mehr, und zwar bei schwacher bzw. stàrker Reaktion. Wie bei anderen Autoren, so konnte auch bei uns in dem Auftreten der Reaktionen irgendeine Gesetzmäßigkeit nicht erkannt werden ; vielmehr erwies sich die Stärke der Reaktion unabhängig von Menge, Stärke, Zahl uùd Zwischenpausen der Injektionen. Jedoch ist im allgemeinen bei erhöhter Dosis auch stärkère Reaktion zu erwarten. Meist erfolgte in unseren Fällen überhaupt nur schwache Reaktion mit keinem Fieber oder geringem Fieber bis zu 38,00, mittelstarke nur in 6 Fällen und starke nur in 4 Fällen, und zwar hier 1-5mal Die starken Reaktionen fallen fast alle in das Frühjahr 191g, und seit dem Herbst 1919 haben wir fast keine starke Reaktión mehr bekommen. Dieser auffallende Unterschied d8r Reaktionen zu verschiedenen Zeiten läßt an Verschiedenheiten des Präparates, vielleicht ganzer Sendungen, denken. Wir sind daher in letzter Zeit dazu ,übergegangen, bei ungenügender Reaktion die Dosis auf über 1O ccm Stärke II zu steigern auf das 11f2 bis 2. fache, wobei wir statt schwacher, manchmal wenigstens, mittelstarke Reaktion erhielten. Noch stärkere Reaktion erhielten wir bei Benutzung einer anderen Sendung. Auf eine Anfrage bei der Fabrik nach ähnlichen Beobachtungen kam die Antwort, daß wohl eine 1-laufung von Zufalligkeiten angenommen werden musse, aber weitere achforschungen angestellt würden. Neben Fieber wurden beobachtet: Frostein bis Schuftelfrost Unbehagen Schwache Schlafbedurfnis Kopf-und Oliederschmerzen, Müdigkeit, Durst u. dgl., vereinzelt Herpes (bei mittelstarker oder starker Reaktion), niemals Erbrechen oder Durchfälle. Der Ablauf der Reaktion war dabei, wie namentlich aus der Selbstbeobachtung sich ergab, ziemlich gleichartig in folgender Weise; Nach I bis 2, selten 3 Stunden erfolgten Frösteln bis Schüttélfrost, Unhehageñ, Kopfschmerz und -druck. Schlafbedurfnis und Fieberanstieg, oft mit gleichzeitigem wohhgen Gefühl bis Euphorie, nach 2 bis 4, selten 6 Stunden Fieberhohe und in den nachsten Stunden wieder Fieberabfall Abends war das Befinden meist wieder nahezu normal bis auf Abge schlagenheit und Unbehagen und fast ganz nOrmal am nächsten Tag Nur in 3 Fallen wurde uns am nachsten Tag über Fortbe stehen der Reaktion geklagt, und bei der Selbstbeobachtung konnten auch am nächsten Tag noch nach der 2. und 3. Spritze leichte Temperatursteigerungen bis 37,8°bzw. 37,4°festgestellt werden Zwei Damen gaben an, daß si während der ganzen Kur sehr angegriffen, vor allem schwach und nervos gewesen seien Bei einigen, namentlich geschwächten Patieifen mit mehreren mitteistarken oder tarken Reaktionen war eine gewisse Schwächung unverkennbar während der Kur; stets erfolgte aber wieder Erholung. Unangenehme Nebenerscheintingen wurden bei allen Fällen, welche übrigens bis auf wenige Ausnahmenambulant behandelt wurden, vennißt, auch Albuminurie, worauf in einigen Fällen regelmäßig gefahndet wurde. Oertliche Reaktionen wurden bei unseren Fällen nur selten und schwach beobachtet. Anaphylaktische Symptonie kanten nicht zur Beobachtung. Die behandelten Falle waren Ç Arthritis deformans genii I Spondylarthritis deformans bzw. ankylopoëtica nebst 1âlgie und Neuralgien, 6 Polyarthritis chronica bzw. subacuta, 2 Monoarthritis chronica bzw. subacuta und. 2 Periarthritis humero-scapularis, dagegen keine Fälle von eigentlicher Gelenkgicht, wenn auch verschiedene Patienten gichtische Vererbung annehmen ließen, und keine Fälle von Muskelrheumatismus oder dergleichen. Nachuntersucht, unter Berücksichtigung der von H e i I n e r verlangten Wartezeit, sind alle 20 Fälle, und zwar 7 nach 1/i, 6 nach 1/a, 4 nach 3/4 und 3 nach I1/ Jahr. Das Heilergebnis war folgendes: a) Duererfolg im Sinne von Heilung 3mal, und zwar bei den 2 Fällen von Monoarthritis und bei einem Fall von Polvarthritis subacuta. Dabei ist aber zu bemerken: Erstere 2 Fälle waren vielleicht auch so geheilt letzterer Fall ist aber ein auf fallender und bemerkenswerter Dauererfolg, da hier andere Maßnahmen bisher versagt hatten und Sanarthrit prompt und fortschreitend Heilung brachte, wenn auch naturgetnäß bier die Spontanheilung nicht außer Möglichkeit liegt. b Anhaltende Besserung erfolgte. 6mal, und zwar bei 5 Fällen von Arthritis deformans genu und bei einem Fall von Omarthritis bzw. Periarthritis welcher gichtische Belastung aufwies. Letzterer schätzt seine Besserung auf ca. 30 O/o. Unter ersteren Fällen war bei einem volikommenes Wohlbefinden eingetreten, wobei allerdings zu bemerken ist, daß das Leiden gering und im Beginn war und daß die bisherige Wartezeit von 3f Jahr zu abschließendem Urteil über D a n e r resultat zu kurz ist. Fall 12, welcher bereits vorgeschritten war, ist ebenfalls +on seinen Beschwerden bereits 1/4 lahr befreit. Fall 4 fühlt sich wesentlich gebessert, derart, daß der Gang freier und das Treppenstegen flotter möglich ist. Desgleichen Fall 18, weniger Fall 11. , c) Nur vorübergehendeBesserung erfolgte 4mal, und zwar bei 2 Fällen von Polyarthritis chronica und bei 2 Fällen von Arthritis rieformans genu. Von letzteren hatte der eine diese Besserung nach der I. Sprit2e bei starker Reaktion, und die Kur wurde hier bereits nach der 2. Spritze abgebrochen, der andere hatte nach einer Kur von 7 Spritzen Besserung, aber nach 3 Monaten Rückkehr zum alten Zustand. d) Keinerlei Erfolg war festzustellen 7mal, und zwar bei 3 Fällen von Polyarthritis chi-onica und einem Fall von Periarthritis humero-scapularis, 2 Fällen von Arthritis deformans genu und einem Fall von Spondylarthritis deformaris mit Mv-und Neuralgien. Was das Verhältnis von.Zahl der Spritzen und Stärke der Reaktionen zur therapeutischen Beeinfluss ung angeht, so läßt sich ein bestimmtes Gesetz aus unseren Fällen, welche ja auch an Zahl gering sind, nicht herauslesen ; Iedoch ist soviel bemerkenswert: In Fällen von Heilung oder Besserung trat solche nach Angaben der Patienten mehrmals bereits nach der 1. Spritze auf und nahm allmählich weiter zu. In dem bemerkenswerten Fall 7 trat dann nochmals 14 Tage nach der 1. Serie ein Rückschritt auf; jedoch erfolgte mit det 2. Serie schließlich anhaltende Heilung. -Stärkere leaktionen waren vorhanden unter den 3 FflhIen a) 2mal 3 starke und 1mal 2 mittelstarke, 6 Fällen b) je 1mal einige starke und mftteistarke, 4 FSiien e) 1mai 1 starke (Fail nicht gnfisenct behandelt), 7 FSIien di 4mal hi$chstens einige mitteistarke. Danach scheinen stärkere Reaktionen für Heilung und Besserung nicht ohne Beaeutung zu sein.
doi:10.1055/s-0028-1140468 fatcat:wojoykjitne37lqlmesipxmejm