Bedingungen und Anpassungsprozesse bei erwartungswidrigen Bildungsverläufen
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Markus Neuenschwander, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
2016
Bedingungen und Anpassungsprozesse bei erwartungswidrigen Bildungsverläufen 2 In der Schweiz sollen -wie in vielen anderen industrialisierten Ländern -möglichst viele Jugendliche einen hohen Bildungsabschluss erreichen. Die Eidgenössische Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK, entspricht KMK in Deutschland) verabschiedete entsprechend die Vorgabe, dass je Geburtsjahrgang 95% der Jugendlichen einen Abschluss auf dem Niveau der Sekundarstufe II (Mittelschulabschluss, Lehrabschluss) erreichen (EDK,
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... 01 ). Dieses Ziel soll durch ein mehrstufiges Bildungssystem erreicht werden. Die Struktur des Bildungssystems unterscheidet sich zwischen den einzelnen Kantonen. Ich gehe im Folgenden vom Kanton Bern aus, weil sich die vorliegende Untersuchung auf die Struktur in diesem Kanton bezieht, und um die Terminologie in der folgenden Argumentation zu vereinfachen (vollständige Beschreibung des Schweizer Schulsystems unter EDK, 2001 oder www.educa.ch/dyn/73036.asp). Schulübergänge bilden entscheidende Sequenzen in Bildungsverläufen. Während Übergängen werden Bildungspfade festgelegt und können Ausbildungsniveaus gewechselt werden. Im vorliegenden Beitrag werden abhängig von verschiedenen Ausbildungsniveaus normative und erwartungswidrige Muster von Übergängen unterschieden und Bedingungen und Folgen dieser Übergangsmuster bestimmt. Tatsächlich sind Niveauwechsel im Verlaufe eines Schulübergangs häufiger als während eines Ausbildungsganges. Denn die Durchlässigkeit zwischen tieferen und höheren Schulniveaus in der Sekundarstufe I ist klein: nur etwa 4%-6% der Schülerinnen und Schüler wechseln das Schulniveau, wie eigene Analysen von Populationsdaten der Kantone Bern und Zürich im Jahr 2002/03 ergeben haben. Es gibt mehr Abwärtsbewegungen in die Realschule (tieferes Schulniveau) als Aufwärtsbewegungen in die Sekundarschule (höheres Schulniveau). Auch in der Sekundarstufe II ist die Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Schultypen wie Gymnasium, Vollzeitberufsschulen, duale Berufsbildung gering. Eigene Analysen von Populationsdaten im Kanton Zürich ergaben, dass nur rund 5% der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in die duale Berufsbildung wechselten. Der umgekehrte Wechsel von der Berufsbildung in das Gymnasium kommt kaum vor. Von der Primarschule (1. bis 6. Schuljahr) in den tertiären Ausbildungsbereich durchlaufen die Jugendlichen mindestens drei Übergänge (vgl. Abbildung 1): (1) Nach einer schulischen Selektion im 6. Schuljahr treten die Kinder in eines von zwei Schulniveaus der Sekundarstufe I (7.-9. Schuljahr, 13/14 bis 15/16jährig) über (in manchen Kantonen sind es drei Schulniveaus). (2) Aufgrund des abgeschlossenen Schulniveaus in der Sekundarstufe I, den erreichten
doi:10.26041/fhnw-312
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