Mit Benedikt durch Bayern. Impressionen eines mitreisenden Journalisten
Matthias Drobinski
2006
Communicatio Socialis
Dies ist zunächst die Geschichte einer ungestellten Frage an Benedikt XVI., und sie geht so: Wenn der Papst eine Pastoralreise unternimmt, dürfen einige Journalisten aus dem Land, in das die Reise geht, mit dem Tross der Vaticanisti fliegen, dem Papst ganz nah. Dazu heißt es, einen Bewerbungs-, Akkreditierungs-und Buchungsmarathon zu überstehen, es muss der Nuntius Ja sagen, und die glücklichen Mitflieger dürfen dann in Rom eine Art Schnitzeljagd veranstalten, denn die Flugtickets gibt es nur
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... den Büros der Lufthansa und der Alitalia. Dann lernt man Vic van Brantegem kennen, der seit 2 2 Jahren mit fester Hand den Hühnerhaufen der Journalisten zusammenhält. Manuskriptausgabe: morgens um sechs. Journalistengottesdienst ist um viertel nach sechs. Doch zunächst in den Airbus der Alitalia. Man solle sich nicht zu viel erhoffen, warnen die erfahrenen Papstflieger. Johannes Paul II. habe auf den Transatlantikflügen mit den Journalisten geplaudert, bis denen keine Fragen mehr einfielen. Aber nach Bayern gehe es nun einmal nicht über den Atlantik, und Joseph Ratzirrger sei nun einmal nicht Karol Wojtyla. Dann steigt die Spannung doch, als das Oberhaupt von einer Milliarde Katholiken die Gangway hinaufgeht. Eine Frage muss her, eine kluge Frage. Was fragt man den Papst? Schon teilt sich der grüne Vorhang, da steht er, lächelt, hebt die Arme halb zum Segen und halb zur Begrüßung. Da ruft schon der Kollege von der "Bild"-Zeitung: "Heiliger Vater, was fühlen Sie vor dieser Reise, und wie wollen Sie die müden Katholiken munter machen?" Er freue sich, und so müde seien die deutschen Katholiken auch wieder nicht, so die Antwort. Hm, erste Frage weg. Die zweite kommt gleich: "Denken Sie noch an weitere Reisen in Deutschland, zum Beispiel nach Berlin ?" Irgendwie würde es sich gehören, sagt der Papst, dass der Reise nach München auch eine nach Berlin folge, "aber ich bin ja ein alter Mann und weiß nicht, wie viel Zeit mir der Herr noch gibt". "Haben Sie denn auch ein bisserl Heimweh nach Bayern?" "Ja, schon." Die Zeit läuft. Und wenn man jetzt fragte, ob er etwas zum Jahrestag der Anschlägen vom 11. September 2001 sagt? Gute Idee. Luft geholt, etwas größer im Sitz gemacht -da steht Federico Lombardi auf, der neue Chef des Presseamts, bedankt sich. Vorbei. Es ließe sich einiges über die Pressearbeit der Salla di Stampa erzählen und über die Verwunderung der Kollegen, die zum ersten Mal mit dem Papst reisten, aber schon einige Male mit Ministern und Kanzlern gereist waren. Hier soll es aber darum gehen, wieso der Reporter die nicht ganz billige Reise antreten durfte -und wieso die "Süddeutsche
doi:10.5771/0010-3497-2006-4-361
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