WINDSBRAUT
BERNH. SCHMIDT
1896
Beiträge zur Geschichte der Deutschen Sprache und Literatur
WINDSBRAUT. JN och immer ist es nicht endgiltig entschieden, ob wir in der Windsbraut eine uralte mythische gestalt oder nur die Umformung einer unverständlich gewordenen bezeichnung für einen heftigen wind zu erblicken haben. Zwar hat die letzte auffassung, die ich kurz die rationalistische nennen möchte, heute wol zweifellos das Übergewicht. Es ist ihr indessen noch nicht gelungen, die mythologische erklärung ganz zu verdrängen, und zwar nur deshalb nicht, weil man eine allgemein
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... etymologie des wortes noch nicht gefunden hat. Von den männern, welche vor etwa hundert jähren sich mit der deutung der Windsbraut beschäftigten, hat keiner je daran gedacht, dass sie eine mythische figur sein könnte. Allgemein wurde sie rationalistisch erklärt. Frisch l, 449 z. b. führt Windsbraut zurück auf das verbum brutten, das bei Schilter s. 139 durch 'turbare' glossiert wird und seinerseits auf einem *berutten beruhen soll, demnach ein compositum des in unserm rütteln steckenden Stammes wäre. Adelung 4, 1559 erklärt kurz und bündig, die letzte hälfte unsers wortes habe mit braut nichts als die zufällige ähnlichkeit des klanges gemein, und meint, dieses -braut gehöre vielmehr zu brausen. Schmid leitet in seinem Schwab, wb. 532 Windsbraut ab von dem bei Tatian vorkommenden spreian 'zerstreuen' und erklärt das wort demgemäss als 'das, was der wind leicht zerstreut'. Auch Höfer 3, 301, der sehr erstaunt ist, aus volksmund die redensart 'der mensch ist (schiesst herum) wie eine winds· brautern' gehört zu haben, fällt es nicht ein, hinter dieser wenduiig mythische Vorstellungen zu suchen. Da kam die romantik und mit ihr eine ganz andere auffassung unsers wortes. Dem romantikcr war selbst verstand-Brought to you by | University of Glasgow L Authenticated Download Date | 6/29/15 1:44 AM
doi:10.1515/bgsl.1896.1896.21.111
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