Mittelalterliche Textilien aus schweizerischen Kirchen und Klöstern
Leonie Von Wilckens
2020
Im ländlichen Riggisberg, südlich von Bern, öffnet seit September 1967 die Abegg-Stiftung an jedem Tag des Sommerhalbjahres ihre Ausstellungssäle mit den von Werner Abegg in rund einem halben Jahrhundert gesammelten Schätzen vom 6. Jahrtausend vor Christi bis zum 18. Jahrhundert. Daß ein Schwergewicht der Samm lung auf Textilien aller Art von der koptischen Zeit bis zum Rokoko liegt, läßt diese Dauerausstellung trotz der mehr als einhundert gezeigten Gewebe, Wirkereien und Stickereien noch kaum
more »
... ahnen, auch werden nur Interessierte wissen, daß zu den reichen Textilbeständen eine vorzüglich eingerichtete Werkstatt zur Konservierung alter Gewebe gehört. Sonderausstellungen machten in den vergangenen Jahren mit weiteren Teilen der nicht zuletzt aus konservatorischen Gründen magazinierten Textilien bekannt. Statt der Präsentation von eigenen Stücken gelang es heuer Michael Stettler, dem wissenschaftlichen Leiter der Stiftung, und Mechthild Flury-Lemberg, die seit deren Gründung die Textilien betreut und die Werkstatt leitet, die mittelalterlichen Textilien bis zum frühen 15. Jahrhundert, die sich noch in Schweizer kirchlichem Besitz befinden, in Riggisberg zusammenzutragen, um sie, nachdem viele von ihnen konserviert worden waren, den ganzen Sommer hindurch zu zeigen. Obwohl fast alle diese Textilien bereits an irgendeiner Stelle veröffentlicht sind, z. B. in den Bänden der Kunstdenkmäler der Schweiz, sind doch die meisten kaum bekannt gewesen. 1923/24 publizierten E. A. Stückelberg (in: Anz. f. Schweiz. Alter tumskunde NF 26, 1924, S. 95ff.) und E. F. Kendrick (in: Burl. Mag. 45, 1924, S. 125 ff.) die zahlreichen, zwar teilweise stark fragmentiert erhaltenen frühund hoch mittelalterlichen Gewebe (viele waren Reliquienhüllen oder selbst schon Reliquien) der Schätze von Sion und St. Maurice (im noch nicht inventarisierten Kanton Wallis); letztere wurden von E. Vogt (in: Zs. f. Schweiz. Archäol. u. Kunstgesch. 18, 1958, S. 110 ff.) genauer bearbeitet, der zuvor in gleicher Weise die 1943 im Hochaltar der Kathedrale von Chur gefundenen vorgestellt hat. 1957 wurden auch in Beromünster ca. 35 frühe Gewebe (Kunstdenkmäler der Schweiz. Luzern 6, 1963, S. 338/39) ent deckt, von denen ebenfalls die wichtigsten in Riggisberg zu sehen waren. Hinzu kamen aus Chur die seit langem bekannten Textilien des Kathedralschatzes, aus Zurzach die Reliquienhülle aus dem Verenakrüglein, mit Paramenten und Einzel stücken folgten die Benediktinerklöster Disentis, Mariastein, Einsiedeln und Engel berg sowie das später von dort nach Sarnen verlegte Frauenkloster, die Kartause von La Valsainte, die Pfarrkirchen von Delemont und Ebikon sowie die Stiftskirche in Luzern. In der Ausstellung, der ein Faltblatt zur Einführung diente, waren die Textilien nach ihren Herkunftsorten geordnet, wodurch die Bedeutung der alten kirchlichen
doi:10.11588/kc.1974.1.71570
fatcat:5zg4lpls5nbjzg2jagit56bfde