Die Neugestaltung der Galerie des Suermondt-Museums

Ernst Günther Grimme
2016
Das Suermondt-Museum ist einer der wenigen öffentlichen Bauten unserer Stadt, die von Kriegszerstörungen weitgehend verschont blieben. So war es das erste Museum, das nach Kriegsschluß wieder für den Publikumsverkehr zugänglich gemacht werden konnte.Im erstenNachkriegsjahrzehnt mußte man sich darauf beschränken, die Sammlungen, zu denen die heimatlos gewordenen Bestände des zerstörtenCouven-Museums hinzukamen, provisorisch auszustellen. Erst 1959, ein Jahr nach der Fertigstellung des neuen
more » ... n-Museums konnte mit der durchgreifenden Wiederherstellung des Cassaletschen Hauses begonnen werden. In diesem ersten Renovierungsabschnitt erhielten die Räume des Parterregeschosses ihr heutiges Aussehen. Der Vortragssaal wurde gänzlich neu gestaltet und die Räume des 2. Stockwerkes instandgesetzt. Der gegenwärtige Renovierungsabschnitt ist in seiner ersten Phcise mit der Fertigstellung derGalerie abgeschlossen. Sie erhielt eine neue Lichtanlage, neue Böden und dank der Stiftungen des Museumsvereins Samtbespannungen der Wände sowie gepolsterte Sitzbänke. Die Neuordnung der Galeriebestände folgte thematischen und stilistischen Gesichtspunkten. Bilder und Plastiken wechseln in den Räumen der mittelalterlichen Kunst miteinander ab. Bewußt wurde die Anordnung so getroffen, daß eine unaufdringliche Belehrung des Besuchers möglich wird und stilistische sowie ikonographische Zusammenhänge deutlich werden. Die Verlegung der modernen Galerie in den zweiten Stock des Hauses ermöglichte eine weiträumige Hängung, in der die Bilder sich nicht gegenseitig bedrängen. Die Bestände der Aachener Bildergalerie gehen größtenteils auf Stiftungen zurück. Ihre Geschichte begann im lahre 1881, als Barthold Suermondt den ersten Teil seiner Bildersammlung dem Museumsverein stiftete. Seither sind es Aachener Biirger gewesen, die dem Museum ihrer Stadt zu seiner heutigen Bedeutung verholfen haben. Aus der Fülle der in mehr als 80 Jahren in den Besitz des Museums gelangten Schätze eine sinnvolle Auswahl zu treffen, war nicht zuletzt die Aufgabe, die sich bei der Neuanordnung der Galerie stellte. Zudem galt es, zahlreiche kostbare Dauerleihgaben, die in den letzten Jahren in die Obhut des Museums gegeben wurden, sinnvoll einzugliedern. Doch erst der Museumsbesucher wird dariiber entscheiden, ob es gelungen ist, über das Sammeln von Kunstgegenständen hinaus dem Einzelwerk seine Leuchtkraft zu belassen und zu verhindern, daß clas Mu.seum zu einem Mausoleum der Kunst wird. Raum I (Nr. 12)1 Das niederländisch-flämische Tafelbild des späten Mittelalters2. Der Rundgang beginnt bei einem Andachtsbild, das Albert Bouts gernalt hat und den Schmerzensmann mit Maria zeigt. Es ist typisches Zeugnis einer Zeit, die dem Betrachter im Spiegel des Bildes den Schmerzensmann vor Augen stellt, urn das Mitleid zu wecken und den Betrachtenden zum Mitleidenden zu machen. Dies aber ist das Haupt-anliegen aller Bilder, die in diesem ersten Raum versammelt sind. Judasverrat und Abendmahl, Kreuztragung und Kreuzigung werden aus ihrer historisehen Einmaligkeit gelöst und in die Entstehungszeit des jeweiligen Bildes projiziert, indem man aus den Akteuren Zeitgenossen des Malers maeht und so den Betrachter als unmittelbar Beteiligten mit ins Bild einbezog. Der Vergleich zwischen dem frühesten Bild, das in diesem Raum gezeigt wird, »Die Gefangennahme Christi« die der ältere Kölner Sippenmeister um 1420 gemalt
doi:10.11588/akb.1965.0.33643 fatcat:kvdhkd76kvgljpak7apmsziriu