Einleitung [chapter]

2020 Briefe 1693–1698  
Der vorliegende Band ist der zweite Teil der auf insgesamt vier Briefbände angelegten historisch-kritischen Edition des Briefwechsels von Christian Thomasius. Er schließt an Band 1 an, der die Korrespondenz der Jahre 1679 bis 1692 enthält, 1 und erfasst den Zeitraum von 1693 bis 1698. Ihm werden nach Editionsplan Band 3 für die Jahre 1699 bis 1711 und Band 4 für Thomasius' letzte Lebensjahre von 1712 bis 1728 folgen. Band 2 enthält insgesamt 329 Briefe aus 6 Jahren, verteilt auf 96
more » ... en. Im Vergleich zu Band 1 (268 Briefe in 13 Jahren, 56 Korrespondenzen) ist die Situation damit deutlich disparater. Mehr als die Hälfte aller Briefwechsel sind mit lediglich ein bis zwei Schreiben vertreten, und nur 6 Briefwechsel umfassen 10 und mehr Schreiben (einschließlich der nur als bezeugt erfassten). Davon kommt der umfangreichste nicht über 20 Briefe hinaus; eine wirklich große Einzelkorrespondenz wie die mit Samuel von Pufendorf (Band 1: 78 Schreiben) hat sich für diesen Zeitraum nicht erhalten. Der Zuschnitt von Band 2 ist mit einer Spanne von 6 Jahren im Vergleich zu den anderen Bänden eng bemessen. Die hohe Briefdichte der Jahre 1693 bis 1698 erklärt sichabgesehen von den Kontingenzen der Überlieferungssituation -aus der Tatsache, dass es sich um Schlüsseljahre in Thomasius' Leben und Werk handelt: In dieser Zeit entscheidet sich -gegen manche Widerstände -seine Zukunft an der Universität Halle. Es ist eine sehr produktive, vielleicht sogar die produktivste Phase seines Lebens: Er legt viele seiner einflussreichsten und kontroversesten Schriften vor, mit denen er auf juristischem, rechtsphilosophischem, philosophischem oder hochschuldidaktischem Gebiet 'Marksteine' setzen wird. Zugleich durchlebt Thomasius eine persönliche Glaubenskrise, er ringt er um eine religiöse Neuorientierung, die erst nach 1698 ihren Abschluss finden wird, nicht ohne bleibende Spuren in seinem Werk zu hinterlassen. Und wie schon in Leipzig in den 1680er Jahren verstrickt sich Thomasius erneut in zähe Auseinandersetzungen mit meist theologischen Gegnern. Die historisch-kritische Erschließung des Materials von Band 2 selbst stellte in bestimmter Hinsicht eine größere Herausforderung dar, als dies bei Band 1 der Fall gewesen war. Dieser enthielt noch relativ viele Schreiben, die Thomasius in eigenen Druckwerken wie den "Juristischen Händeln" (1720-1721) oder "Gemischten Händeln" (1723-1725) veröffentlicht und vor allem schon aus seiner Perspektive 'kommentiert' hatte, insbesondere im Kontext seiner Leipziger Streitigkeiten. Außerdem lagen zu dem singulären großen Briefwechsel mit Pufendorf bereits (Teil-)Editionen vor, 2 auf die aufgebaut werden konnte. Demgegenüber wurde mit Band 2 weitgehend 1 Christian Thomasius: Briefwechsel.
doi:10.1515/9783110517705-001 fatcat:6nx6r2uufvfcbmia7juk7go3f4