Ueber die Gleichzeitigkeit zweier acuten Exantheme nach neueren Beobachtungen
L. Fleischmann
1872
Archives of Dermatological Research
Yriva~dooent und ordinirender Arzt" der a]lgem. Poliklinik in Wien. Einleitung. Hat man sich auch in den letzteren Jahren mit besonderem Eifer der Sache zugewendet und den Streit zu einem endgiltigen Resultate zu Gunsten der erw~thnten Coincidenz gefiihrt, so ist der Gegenstand niehtsweniger als neu zu nennen, da nachgewiesen werden kann, dass ~thnliche Beobachtungen stets gemacht wurden, wenn man auch nicht immer die l~eigung zeigte sie anzuerkennen, oder vielmehr zufolge einer gewissen alles
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... ominirenden doctringren Befangenbeit verhindert wurde, die Thatsachen in ihrer unmittelbaren einfachen Erscheinung a nzusprechen. Die /fltesten Beobachtungen hier~ber findet man bei jenen Autoren, welche fiber RStheln schrieben, und hiebei ein solches Bild entwarfen, dass man sowohl die Charaktere des Seharlachs als auch tier Masern deutlich entnehmen konnte. Das Bestreben, diese Misehformen, die weder Anomalien des Scharlachs noch der Masern nach iibereinstimmender Aussage waren, und sich durch das Verschmelzen der Symptome beider Erkrankungen auszeiehneten, als eine selbstst/indige Krankheit yon den iibrigen Exanthemen zu trennen, fiihrte zu der Bezeichnung R~theln. Die naturhistorische Schule unter S c h 5 n 1 e i n, die /ihnliche Mischformen nicht in Abrede stellen konnte, suchte ein System dadurch hineinzubringen, dass sie eine Rubeola morbillosa und eine 2.94 Rubeola scarlatinosa erschuf, d. h. dcncn Recht gab, die einen Scharlach mit morbillSsen Erseheinungeu, sowie auch denen~ die Morbillen mit scharlach~hnlichen Symptomen fiir m~glich hielten. Man begegnet tiberhaupt in diesbeziiglichen YerSffentlichungen i~lterer Zeit so h~ufig den gedaehten Mischformen, die zwar hie den Charakter einer Epidemie angenommen, jedoch h~iufig genug beobachtet wurden, um nicht mit Stillschweigen iibergangen zu werden. ~amentlich zeichneten sich hierin jene Perioden aus, in welchen ein Uebergang aus einer Epidemie in die andere vorkam; mit dem hi~ufigeren Bekanntwerden gleichzeitiger Coincidenzen zweier acuten Exantheme in einem Individuum nahmen nattirlich die r~tthselhaften Mischformen immer mehr ab und dtirften gegenwiirtig kaum wieder ihre Auferstehung feiern. Zur selben Zeit fehlte as allerdings nicht an Stimmen, welche sich 5ffentlich filr die Thatsache der Gleichzeitigkeit aussprachen; sie wurden jedoch nicht sonderlich beachtet. Unter den ersteren, welche das ~Nebeneinandersein zweier selbststiindiger aeuten Erkrankungen annahmen, waren F ouq u i e r, C h o m e 1, M o r e t, die gleichzeitig Pocken und Masern, dann Barthez-Rilliet, welche Pocken mit Masern und Scharlach beobachteten. Letztere Autoren schreiben: "~Nicht selten gehen Masern und Scharlach der Yaciola vorher, vereinigen sich mit ihr und folgen ihr nach: in jedem Falle sind die Eruptionen, wenn sie sich vermiscl~en, leieht (?) zu erkennen. Das Masern-odor Scharlachexanthem tritt zwischen dan Pusteln der Variola auf, und unterscheidet sich deutlich yon den HSfen der Pusteln. Im Gesichte versehmelzeu die Eruptionen und man kSnnte nicht sagen, welcher die RSthe angehSrt, wenn man nicht die Stelleu untersucht, wo die isolirten Pusteln Raum genug zwischen sich lassen, um die ~Natur der krankhaften RSthe erkennen zu kSnnen." Hierauf wird ein Fall besehrieben, wo gleiehzeitig Variola mit Morbillen sich entwickelte; wit werden noeh darauf zuriickkommen. Mayr-Hebra waren nach ihren eigenen Worten hie so gltieklich, die Gleichzeitigkeit zweier acuten Exantheme zu beobaehten, und sind demnach geneigt, die Gleichzeitigkeit der Yariola mit Masern der Roseola variolosa, die Gleiehzeitigkeit 16*
doi:10.1007/bf01830022
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