Lymphogranulomatose (Hodgkinsche Krankheit) mit pemphigusartigem Ex- und Enanthem neben granulomatösen Hautknoten1)
Erich Hoffmann
1915
Deutsche Medizinische Wochenschrift
matose verstehen wir auf (ruiid der Arbeiten Sternbergs und Paltaufs eine chroni-c1ie Infektionskrankheit, welche klinisch durch eine meist mehrere I)riisengruppen nacheinander befallencle, iiiehr oder weiiiger hochgradige Schwellung der Lymphknoten, mitunter audi der Muz und Leber, durchì Anämie und Hyperleukozytose mit Vermehrung der eosinopiulen Zellen und zuiiehniende Kachexie, pathologischanatomisch durch Bildung eines eigenartigen Granu. lat ionsgewebes charakterisiert ist. I)iese
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... rkrankung des lymphatischen Apparates, die Sternberg aus der Gruppe der Pseudoleukämie lieraushob und zunächst als eigenartige Driisentuberkulose deuten wollte, ist vo anderen Autoren als Hodgkinsche Krankheit, malignes Granulom, Polylyniphomatose oder Lymphomatosis granulo ni at osa bezeichnet worden. Ihre Aetiologie ist heute noch unklar. und Wenn auch klinisch sich Bezihungeu zur Tuberkulose nicht selten nachweisen lassen und nebeti Muchsehen Granula und Grs m-positiven gelegentlich auch säurefeste Stäbchen gefunden wurden und bei Meerschweinchen ein positiver Ausfall des Tierexperiments zuweilen glückte, so genügt doch das bisher vorliegende Material nicht, um in dieser Hinsicht eine Entscheidung herbeizufiiliren.2) Wie die Lymphogranulomatose die inneren Organe in Mitleidenseliaf t ziehen karin, so befällt sie gelegentlich auch die Haut, und zwar kann sie erstens spezifische granulo matöse Infiltrate (echte Lymphogranulomatosis cutis), zweitens aber auch anscheinend toxische Exantherne hervorrufen. In die erste Gruppe gehören jene seltenen Fälle, in denen sich in der Haut umschriebene Knoten oder diffusere Infiltrate finden, die aus dem eigenartigen, von Sternberg beschriebenen Granulationsgewebe bestehen, das auch die Lymphdrüsen erfüllt; Beispiele dieser Art sind zuerst von Grosa, Bruusgaard, NobI u. a. mitgeteilt worden. Die zweite, größere Gruppe umfaßt mannigfache Hautveränderungen, die zuweilen nur in einem Prurit us und Pigmentierungen oder aber in prurigoartigen, lichenoiden und urtikariellen Exaiithemen, bullösen oder hämorrhagischen Aussehlägen oder auch universellen Erythrodermien bestehen. Da in diesen Fällen der Nachweis des granulomatösen Gewebes in der Haut noch nicht gelungen ist, werden die Exantheme von den meisten Autoren als toxisch bedingt angesehen. Unter den zur letzteren Gruppe gehörigen Hautausschlägen sind besonders auffallend solche von bullösem oder pemphigusartigem Charakter, die, soweit ich die Literatur überblicke, erst in drei Fällen beschrieben worden sind. Der erste Fall dieser Art ist von Yamasaki ) in seiner Arbeit uber Hodgkinschefl Krankheit erwähnt. Er betrifft einen 60 jährigen ') Vortrag in der Niederrhein. Gesellseh. f br Natur-und Heilkunde am 14. VI. 1915. 2) Vgl. G. Arndt, Vireh. Arch. 209. u. (1. Mariani, Arch. f. Demi. 120 (hier auch Literatur). --) Zschr. f. Heilk. 2.5. 1904. %IainL. rier neben einer obsoleten Bronchialdrusentuberkulose eine sehrausgesprochene Lymphogranulomatose mit Beteiligung innerer Organe (Leber) und einen mehrfach rezidivieremlen Pemphigus pruriginoms aufwies, der neben Bläschen stark juckende Knötchen und baunliche Infiltrate und starke Piginentierung erkennen ließ. Die }3lastn ivaren zunächst kir-in. später anscheinend größer. Eine genaue Schilderung des Hautbefundes und der ihm zugrundeliegenden hiatologischen Veränderungen gibt der Verfasser nicht. Der zweite Fall stammt von B. Bloch '). Er betraf eine S2jahrige Frau, die iieben Hodgkinscher Krankheit mit Beteiligung der inneren Organe ein rezidivierendes Erythem der ganzen Körperliant darbot, auf welchem sich stellenweise linsen-bis gut markatückgroße, pialir' oder schlaffe Blasen mit zum Teil hämorrhagischem Grund entwickelten; auch an der Mundschleimhaut fanden sich entsprechende rundliche Epitheldefekte, zeitweise auch eine ulzeröse Stoinatifis. Bei der Sektion wurde sowohl in den l)rüsen wie auch in der Milz Granulationsgewebe vom Charakter der Sternbergschen Kankheit nachgewiesen. Dic histologische Untersuchung der Haut ergab neben GeflLßerweiterung und leichter Vermehrung der fixen Bindegewebzellen ein wenig dichtes, kleinzel liges, perivaskuläres Infiltrat, besonders der Papillarschicht; Pla.sniazellen waren nur vereinzelt vorhanden, und es war keine Andeutung des eharakteristischen Granulationsgewebes erkennbar. In der hochgradig serbs durchtränkten Epidermis ließen sich intraepidermale, mit serum, Zeiltrthnmern und Leukozyten erfüllte Hohlräume nach-Weisen; an anderen Stellen wieder war die Epidermis in toto in Form. Ciller Blase abgehoben. I)ie dritte Beobachtung verdanken wir H. Königstein ). Er sali bei Cinefli 43jährigen Mann mit typischen Drüsenschwellunen und Hyperleukozytose (auch Eosinophilie) zunächst an den Streckseiten der unteren Extremitäten derbe, meist linsengroße Blasen auf diffue geröteter Haut. Später wurden die Blaseneruptionen reichlicher und traten in cigenartiger Gruppierung auf diffus pigmentiertem, bl4ulich' braunem Grunde auf ; daneben war die Haut stellenweiae diffus infiltriert, verdickt und gewulstet. Auch die Mundschleimhaut zeigte blasige Abhebungen. die Epiglottis Erosionen. Die histologische Untersur-hong exatirpierter Drüsen ergab typisches Sternbergsches Granulationagewebe. Mikroskopische Präparate der Hauteffioreszenzen zeigten eine vollige blasige Abhebung der Epidermis und eine vorwiegend'ua eosinophilen Zellen bestehende Infiltration im Papillarkörper; $tñrbergsche Zellen konnten in der Haut nirgends gefunden werden. Be' merkenswert ist der positive Ausfall der WaR., die aber anachéinend nur einmal geprüft wurde. Tm Folgenden möchte ich nun über einen Fall berichten, in dem neben einem pemphigusartigen Ex-und Enanthem auch typische Lymphogranulomatosis cutis festgestellt werden konnte, was bisher noch nicht beschrieben worden ist. Am 10. Mai 1915 konsultierte mich ein 37 jähriger Metzger und gab an, daß er aus gesunder Familie stamme und früher nie krank gewesen sei. 4eit Juli 1914 habe er eine Schwellung an de rechten Halsseite bemerkt, die allmählich zunahm und trotz zeitweisem Stillstand oder geringem Ruckgang bald recht entstellend wurde. Auch (schwache ! Rontgenbehandlung und Salvarsan hatten keinen Erfolg. Schon vor dieser Therapie zeigten sich seit Juli 1914 Blasenbildungen auf der Haut, besonders an solchen Stellen, an denen er sieh stieß oder die Kleidung scheuerte. In letzter Zeit magerte er stark ab, und Nachtschweiße, Atenibeschwerden und Heiserkeit traten hinzu. Auf meineu Rat ließ sich der Kranke ii-j die Klinik aufnehmen. Befund am 11. Mai 1915. Der kräftig gebaute Patient zeigt eine sehr schlaffe Muskulatur und stark geschwundenes Fettpolster, was besonders an den Natas auffällt. Die inneren Organe weisen keine wesentliche Abweichung auf, auch Leber und MUz sind nicht merklich
doi:10.1055/s-0029-1192158
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