So einfach ist die Sache nicht - Anmerkungen zum Urteil des VG Berlin vom 31.1.2001 (Az. VG 2 A 25.00)
Astrid Wallrabenstein
2001
Kritische Justiz
Das VG Berlin hat der CDU die öffentlichen Mittel für das Jahr 1999 in voller Höhe zugestanden, als gebe es die schwarzen Kassen des hessischen Landesverbandes nicht. Politisch kommt dies einer ungebrochenen Fortsetzung des Skandals gleich, der nun schon seit über einem Jahr schwelt. Entsprechend entrüstet sind auch die meisten Kommentare und Stellungnahmen' -von offensichtlich CDU-nahestehender Berichterstattung abgesehen .' Der Vergleich mit der für jeden Bürger und jede Bürgerin geltenden
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... icht, eine richtige und vollständige Steuererklärung abzugeben, wird allenthalben bemüht. Und tatsächlich muß sich das VG Berlin fragen lassen, ob es sich der politischen Auswirkung seiner Begründung bewußt ist. Kann der demokratischen Öffentlichkeit ernsthaft vermittelt werden, es käme nach dem Parteiengesetz nur auf die Form des Rechenschaftsberichts einer Partei an? Soll es wirklich nur um die Einhaltung eines Stichtages gehen, unabhängig davon, was an diesem Tag in der Sache erklärt wird? Ist es eine Anmaßung des Bundestagspräsidenten, eine »moralische Beurteilung über die Richtigkeit des Rechenschaftsberichts«] -was auch immer damit gemeint ist -abzugeben? Das VG Berlin schiebt dem Gesetzgeber den Schwarzen Peter zu. Er habe ein solches nach allgemeinem Empfinden völlig unzureichendes Gesetz gemacht, da könne das Gericht keine Sanktionen erfinden. Ganz unrecht hat das Gericht damit nicht. Tatsächlich ist das Parteiengesetz so grobmaschig gewebt, daß es den Adressaten -den Parteien -nur schwer wirklich wehtun kann. Und ebenso tatsächlich kann der Gesetzesanwender-der Bundestagspräsident und das Gerichtsich nicht über die vom Gesetz gezogenen Grenzen hinwegsetzen. Aber so einfach, wie das VG sich die Sache macht, ist sie nicht. Deshalb soll zunächst dargestellt werden, weshalb das verwaltungsgerichtliche Urteil bereits juristisch falsch ist. Anschließend muß aber auch das Parteiengesetz in seiner derzeitigen Fassung kritisch in den Blick genommen werden. Schließlich werden auch in der allgemeinen Diskussion einige Akzente falsch gesetzt, so daß sich auch dort lohnt, den Blick zu schärfen. I Vgl. nur Südd eutsche Zeitung vom 1.2.2001 S. 4: "Saldo mortal e« und vo m 2 . 2. 2 00 1 S. 4: »Falsche Schlüsse au s einem fal schen Urteil«. 2 Vgl. Die Welt vom I. 2. 2001: .CDU soll für Finanzskandal keine Strafe za hle n«. 3 So der Vo rsi tze nde Ri chter in der mündlichen Urteilsbegründung, nac h FAZ vom 2. 2 . 2 00 1, S. I. 4 Nach der Presse mi ttei lung Nr·412OO1 vom 3 I. I. 200 1.
doi:10.5771/0023-4834-2001-1-89
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