Mit Bildender Kunst Deutsch lernen?
Gabriele Huber
2015
Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht
In diesem Beitrag wird nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, über eine der vielen Theorien, die über das Thema "Bild und Sprache" in der linguistischen, psycholinguistischen, kognitiven und auch kunsthistorischen Forschungsliteratur kursieren, reflektiert. Denn "grau ist alle Theorie" und es geschieht selten, dass Theorien auf ihre Tauglichkeit in der Praxis geprüft werden. Und genau in diese Kerbe schlägt der vorliegende Artikel, der die Fortsetzung eines expositionierenden Artikels der
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... rfasserin, eine Art Praxisbericht, darstellt und zeigt, wie gemalte Kunstwerke als Sprechanlass im landeskundlichen DaF-Unterricht be-/genutzt werden können. Rahmenbedingungen Wenn man die Forschungsliteratur zum Thema "Bild und Sprache" [1], die unter den jetzt modernen Schlagwörtern wie icon, pictorial oder visual turn im Internet nachzulesen ist, betrachtet, so sind dazu viele Theorien entwickelt und ist viel darüber geredet worden. Dieser Beitrag schließt sich dieser Diskussion nicht an, sondern zeigt, wie die beiden künstlerischen Pole gemaltes Kunstwerk und dessen Metasprache im Bereich Landeskunde des Deutsch-als-Fremdsprache-Unterrichtes (DaF) interdisziplinär verbunden werden und zum sprachlichen Handeln anregen können. In den letzten zehn Jahren haben sich die Erkenntnisse über das Verstehen, Lernen und Behalten stark verändert. Wissen ist heute kein Kanon mehr, sondern ein sich ständig verändernder Prozess, diese Welt zu verstehen und in ihr zu bestehen. Auch das Lernen hat im Zuge der Medialisierung einen neuen Stellenwert erhalten, und Fremdsprachen sind eine Kultur des Wissens und des Informationsaustausches geworden. So war man bis vor kurzem der Meinung, der Mensch könne die Welt nur mittels Sprache definieren und verstehen: Worte seien nicht nur, sondern sind Symbole, die zwischen den non-verbalen Denkprozessen vermitteln, die sich in Bildern und Abstraktionen äußern. Es ist also kein Zufall, dass jetzt, da die neuen Technologien das Unterrichten mit visuellen Lerntechniken unterstützen, das gesprochene/geschriebene Wort seine traditionelle Rolle zu verlieren scheint. SchülerInnen, die bevorzugt durch Hören oder Lesen lernen, benutzen ihre Vorstellungskraft, um neue Informationen ohne Anstrengung in mentale Bilder umzusetzen. Trotzdem haben auditiv orientierte SchülerInnen auch Vorteile von visuellen Informationen, die Fernsehen, Video, Kino und Computer liefern, genauso wie die optisch orientierten SchülerInnen akustisch wahrgenommene Konzepte visualisieren müssen, um zu lernen und zu verstehen. Das Bild entwickelt sich also mehr und mehr zur Hauptquelle der Information, die von Texten begleitet wird. Hieraus kann man einiges für den Unterricht ableiten. -2- Warum soll man Bildende Kunst im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht einsetzen? Seit einigen Jahren arbeite ich an einem Projekt, wie man künstlerische Ausdrucksmittel (bildende Kunst und Musik) mit dem Sprachunterricht [2] verbinden kann. Es beruht auf einem interdisziplinären Konzept, dessen einzelne Kapitel ich hin und wieder als sogenannte Landeskunde-Information in meine Deutschkurse für nicht-Deutsch-sprechende MitbürgerInnen einbaue, sofern sich die betreffenden, bedingt durch einen länger dauernden Aufenthalt oder zur besseren Integration, für die Kunst und Kultur ihres Gastlandes besonders interessieren. Vom Sehen zum Sprechen Das Sehen ist eine, wenn nicht die wichtigste Fertigkeit unseres Lebens geworden. Der Mensch von heute ist ein Sehender. Auch LernerInnen sind Sehende, und Lernen vollzieht sich daher auch als Sehprozess. Gerade im DaF-Unterricht, in dem auch die zielsprachliche Kultur präsentiert wird, stellt die interkulturelle Kommunikation über die Künste einen wesentlichen Faktor dar. Die Notwendigkeit, sich mit anderen über das Gesehene auszutauschen, ergibt sich immer dann, wenn man erfährt, dass man Dinge anders sieht und versteht als andere und dass diese Unterschiede etwas mit der eigenen Person, dem eigenen soziokulturellen Hintergrund zu tun haben. Dabei steht nicht 'richtiges' oder 'falsches' Sehen im Vordergrund, sondern das Interesse an anderen Sichtweisen, die vielleicht die eigene ergänzen, verändern oder bereichern können.
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