6 Kompetenzorientierung und Governance [chapter]

2022 Handlungskoordination in der Lernwelt Hochschule  
Nachdem die Fälle nun zueinander in Beziehung gesetzt worden sind, lassen sich Aussagen dazu treffen, ob sich Zusammenhänge zwischen den Reformen (New Public Management, Bologna-Prozess, Shift from Teaching to Learning) zeigen lassen. Wie bereits Borggräfe (2019) festgestellt hat, werden die meisten Veränderungen in der Qualitätssicherung miteinander verwoben und viele Entwicklungen beruhen nicht auf dem Bologna-Prozess, sondern sind auf das New Public Management zurückzuführen. Nickel (2011)
more » ... gte ergänzend dar, dass der vermeintlich nur die Lehre betreffende Bologna-Prozess auch die Hochschulorganisation tangierte. Dies lässt sich für die hier untersuchten Fälle bestätigen. In den Bereichen der Qualitätssicherung werden die Aktivitäten gebündelt, die bedingt durch die Ziel-und Leistungsvereinbarungen (New Public Management) die Lehre und die Kompetenzentwicklung (Bologna-Prozess) tangieren. Es war nicht zu eruieren, ob die Hochschulen auch im Rahmen der Qualitätssicherung anderer Bereiche wie zum Beispiel der Forschung oder der Third Mission in diesem Bereich behandeln. Dennoch sind diese Reformen aus Sicht der Studierendenorientierung suboptimal verwoben. So finden sich in den Ziel-und Leistungsvereinbarungen kennzahlenorientierte Regelungen zu Studierenden in Regelstudienzeit, Abbrechendenquoten etc., aber keine konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre. Es kann auch als Autonomie der Hochschulen verstanden werden, die konkrete Zielerreichung des erfolgreichen Studiums den Hochschulen zu überlassen, was angesichts der Vielfalt der konkreten Ausgestaltung der Hochschulen auch sinnhaft erscheint. Dennoch könnten Aspekte wie Weiterbildung der Lehrenden und der Administration (über die Leitungsebene hinaus), eine Veränderung der Vorgaben für die Leistungsbezüge der Professorinnen und Professoren und eine Erweiterung der Berufungsverfahren um pädagogisch und damit qualitativ ausgerichtete Faktoren die Verbesserung der Lehre fördern und beschleunigen. Erfreulich ist, dass der Shift from Teaching to Learning, vollkommen unabhängig von den (bildungs)politischen Reformen, in der Qualitätssicherung angekommen ist und vorangetrieben wird. Lehrende werden in zwei der drei betrachteten Fälle zu Beginn ihrer Tätigkeit verpflichtet, Schulungen wahrzunehmen und auch die Digitalisierung der Lehre wird vorangetrieben, was beides der Studierendenorientierung zugutekommt. Damit ist die von Herrmann (1996) aufgeworfene These, dass die Verwaltungsreform das "pädagogische Geschehen" nicht erreicht (Herrmann 1996, 321), zumindest dahingehend diskussionswürdig, dass zum einen der direkte Zugriff auf die Lehre durch Art. 5 Absatz 3 GG und auf die Hochschulen als For-Open Access.
doi:10.1515/9783110770773-006 fatcat:ngchb3d32zhsdjbxtjcmuqsdry