Zur Kasuistik der Zervikovaginalfisteln

Karl Grasmann
1920 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Iii Nr. 4 des Zbl. f. Qyn. 1919, hat T. Wiczy:nski alle bisher veröffentlichten Fälle von Zervikovaginalfistein zusammengestellt, einen eigenen Fall beigefügt und nach kritischer Sichtung von ini ganzen 20 Fällen folgende These aufgestellt : "Entstehungsursache und -mechanismus der Fistulae cervicovaginales lassen &ich durch angeborene und individuelle Konstitution der weiblichen Geschlechtsorgane (Hypoplasie als Ausdruck von Infantilismus) restlos erklären." Die kleine Zahl der bisher
more » ... lichten Falle von Zervikovaginalfisteln berechtigt wohl zur Publikation eines einschlãgigen Falles der an unserer Gynäkologischen Station zur Beobachtung kam. M. H., 22 Jahre alt, ledige Verkäuferin. Eintritt: Ui. X. 191g, abends (1 Uhr. Im September 1918 Lues und Gonorrhoe aquiriert, die energisch behandelt wurden. Sonst nie ernstlich krank. Menses seit 1. Lebensjahr, immer regelmäßig, ohne Beschwerden. Kein Partus. Kein Abortus. Letzte Menses: 18. VI. 1919. Heute, mittags I Uhr. habe sie beim Heben eines schweren Sackes (zirka 1 Zentner) Schmerzen im Kreuze und über der Symphyse bekommen. Blutungen seien nicht aufgetreten. Da bald darauf wehenartige Schmerzen eingesetzt hätten, sei sie zu einer Hebamme gegangen, die an ¿lie Möglichkeit eines Abganges gedacht und Beiziehung eines Arztes angeraten habe, da der äußere Muttermund noch gçschlossen sei und es wohl ein schwerer Abgang" würde. [)araufhin sei sie in die Frauenklinik gegangen, wo nach zweimaliger Untersuchung festgestellt worden sei, daß ein Abgang nicht angenommen werden könne, da der äußere Mutterinund fest verschlossen sei. Jetzt komme sie herein, da trotz Bettruhe und Eisumschläge keine Besserung er wehenartigen Schmerzen eingetreten sei. Irgendein Eingriff zur Einleitung einer Fehlgeburt wird in Abrede gestellt. Da nach Anamnese und Befund ein beginnender, womöglich noch hintanzuhaltender Abort angenommen wurde und eine mdikation für einen Eingriff nicht gegeben var, wurde vorerst von einer vaginalei Untersuchung Abstand genommen und Bettruhe und Opium verdnet. Nachts /21 Uhr trat unter zunehmender Wehentätigkeit eine stärkere Blutung aus dem Genitale auf. Die nun vorgenommene gynäkologische Untersuchung ergab: Die Vagina war mit Blutgeminnseln ausgefüllt. In diese war ein ungefähr 18 cm langer Fötus samt Nabelschnur und Plazenta geboren. Nach Ausräumung der Vagina bot sich folgendes Bild: Portio livide verfärbt, Muttermund klein, fest geschlossem An dem hinteren Wand der Zervix, etwa 2 cm oberhalb des äußeren Muttermundes, fand sich eine fünfmarkstuckgroße, Wunde mit zerfetzten Rändern, die in das Cavum uteri fuhrte und die den zwischen Uterus und Rektuni gelegenen Bindegewebsraum eröffnet hatte. Der Uterus war fastgroß, weich, stark antetlektiert. Parametrien und Adnexe hotn keinen besonderen Befund. Nach Einlegen von Jodoformgaze n die Vagina stand die Blutung. Vormittags (17. X. 1919) wurde die Rupturstelle der hinteren Zervixwandung vernäht (Oberarzt Dr. Max Gras m an n) und tags darauf die Tamponade entfernt. Die Naht der Zervix hielt nicht. Sonst war die Heilung ungestört. Am 25. X. 1919 trat H. aus der Anstalt aus. Die Portio war 7apfenfórmig, derb, der Muttermund klein, rund; aus ihm entleerte sich etwas schleimmger Ausfluß. Ein Emnrmß am äußeren Muttermund bestand nicht. An Stelle des fünfmarkstückgroßen Fensters an der hinteren Zervixwand war 2 cm Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.
doi:10.1055/s-0029-1192738 fatcat:l6l7k4ozknf5xfuth72ia5vxsi