Das medikamentöse Hyper­sensitivitätssyndrom (DRESS)

Andreas J. Bircher
2019 Swiss Medical Forum = Schweizerisches Medizin-Forum  
In dieser Ausgabe des Swiss Medical Forum berichten die Autoren Flurina Gartmann-Elvedi und Adrian Schmassmann über eine junge Frau, die auf Minocyclin eine eosinophile nekrotisierende Myokarditis im Rahmen eines medikamentösen Hypersensitivitätssyndroms mit letalem Ausgang erlitten hat [1]. Der Fall illustriert eindrücklich die diagnostischen und therapeutischen Herausforderungen dieses vielfältigen Syndroms. Im Gegensatz zur rasch auftretenden Anaphylaxie stellen die verzögert auftretenden
more » ... temischen Hypersensitivitätssyndrome oft eine diagnostische He rausforderung dar, so etwa die akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP), das Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) sowie das «drug hypersensitivity syndrome» (DHS) oder DRESS («drug rash with eosinophilia and systemic symptoms») [2]. Bei diesen Syndromen liegt ein T-Zell-vermittelter Mechanismus mit unterschiedlichen T-Effektorzellen vor, was die unterschiedlichen klinischen Manifestationen erklärt. Bei Erstexposition mit einem auslösenden Medikament kann die Latenz zwischen ein bis zwei Wochen, aber auch vier, selten sogar sechs Wochen umfassen. Die Letalität beträgt bei der AGEP ca. 5%, beim DRESS ca. 10% und beim TEN bis zu 30%, dabei ist vor allem das Auftreten von Innenorganmitbeteiligung insbesondere der Leber, der Nieren und selten anderer Organe wie des Myokards und der Lunge entscheidend [2]. Beim DRESS lassen die Prodromalsymptome (Fieber, Abgeschlagenheit, Pharyngitis und ein initial makulöses Exanthem) an infektiöse Krankheiten, insbesondere die Mononucleosis infectiosa denken [3]. Typischerweise entwickeln die Patienten eine erythematöse zentrofaziale Schwellung, die ein wichtiges diagnostisches Zeichen darstellt. Differentialdiagnostisch kommen Hautlymphome, ein hypereosinophiles Syndrom sowie der adulte Morbus Still infrage. Hämatologische Manifestationen umfassen eine Eosinophilie bei 66-95% und atypische Lymphozyten bei 27-67% der Patienten [3]. Eine disseminierte Lymphadenopathie liegt bei ca. 54% vor. Die Leber ist bei 75-94% der Patienten am häufigsten betroffen, die Manifestation kann parallel oder erst nach dem Exanthem auftreten. Die Lunge ist bei etwa einem Drittel der Patienten involviert. Eine Mitbeteiligung des Myokards liegt bei etwa 4-27% der Patienten vor und ist mit einer hohen Mortalität assoziiert. Die Patienten weisen üblicherweise eine linksventrikuläre Dysfunktion und elektrokardiographische Veränderungen auf. Diese Organkomplikation wird am häufigsten erst spät diagnostiziert. Seltener betroffene Innenorgane sind das zentrale Nervensystem, Pankreas und Gastrointestinaltrakt. Es existieren verschiedene diagnostische
doi:10.4414/smf.2019.08279 fatcat:uzf3vglaffbopn6uwauai2l4ba