I. Kirche und Besatzungsmacht [chapter]

Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945-1949  
Erste Erfahrungen mit deutschen Kirchenführern gewannen die amerikanischen Besatzungstruppen im Oktober 1944 nach der Besetzung Aachens. Der katholische Bischof von Aachen, Johannes van der Velden, erklärte sich sofort zur Zusammenarbeit bereit und gab zu verstehen, daß er den Klerus anweisen werde, "den US-Truppen Auskünfte über die einheimische Bevölkerung zu geben und sie vor Nazis zu warnen. Er wünscht jedoch", heißt es im Gesprächsprotokoll weiter, "mit allem Nachdruck, daß jede derartige
more » ... usammenarbeit völlig geheimgehalten werden müsse, da weder er noch irgendeiner seiner Priester Lust hätten, vor ihren Landsleuten als ,Denunzianten' dazustehen." Nicht minder nachdrücklich sprach sich van der Velden, als er nach seinen Vorstellungen hinsichtlich der Zukunft Deutschlands befragt wurde, für die konstitutionelle Monarchie oder für eine Republik mit starkem Präsidenten nach amerikanischem Vorbild aus, da "der Staatstyp der Weimarer Republik der deutschen Mentalität nicht nahezubringen" sei. Das neue Deutschland solle "von allen konservativen Kreisen, katholischen und anderen, gestaltet werden, um es gegen die Gefahr eines Wiedererstehens des Nazismus oder einer kommunistischen Revolution zu schützen". Hinsichtlich der Entnazifizierung erklärte der Bischof, viele Beamte seien aus Charakterschwäche der NSDAP beigetreten, könnten aber gleichwohl "nach sorgfältiger Prüfung mit großem Nutzen von den Besatzungsbehörden beschäftigt werden" 1 .
doi:10.1524/9783486594188.9 fatcat:axxaozjcsnawzpe2dsuwlcpkwu