Tibeter in Pakistan: Die Balti

Karl Jettmar
2014
Viele Jahre lang war Ladakh von den indischen Behörden für Ausländer gesperrt. Als das Einreiseverbot 1974 plötzlich aufgehoben wurde, weil man sich offenbar entschlossen hatte, von nun ab auf die Gefühle des chinesischen Nachbarn keine übertriebene Rücksicht mehr zu nehmen, überschwemmte ein Strom von Touristen diesen plötzlich erreichbar gewordenen Teil Tibets. Sie strömten zu den buddhisti schen Klöstern, wollten die Ladakhi bei ihren Festen und Zeremonien photogra phieren und filmen,
more » ... ch gegen den Hintergrund einer grandiosen Hochge birgsszenerie. V iele, man kann sagen, allzu viele Souvenirs wurden erworben; ein erheblicher Teil davon fand den Weg in die Heime deutscher Bürger. Tibetertum, Lamaismus und Hochgebirge -sie verschmolzen für viele Besucher zu einem "un auslöschlichen Erlebnis". Dieser Zusammenklang, in vielen Büchern, neuerlich auch Kulturfilmen bewußt gemacht, hat fast völlig die Tatsache vergessen lassen, daß gleich daneben Tibeter leben, die keine Lamaisten sind, jedenfalls schon seit mehreren Jahrhunderten nicht. Es sind dies die Balti, die westlichen Nachbarn der Ladakhi, wesentlich zahlreicher als sie, aber wenig beachtet. Sie wurden im 15. Jahrhundert zum Islam schiitischer Prägung bekehrt. Ein Teil gehört zu einer interessanten, im Raum von Kashmir ent standenen Sekte, den Nurbakhsh. Zroischen Himalaya und Karakorum Wie wenig man von den Balti trotz ihrer erheblichen V olkszahl -es handelt sich immerhin um 200 000 Menschen -Notiz nimmt, spiegelt sich auch in neuen Publi kationen über Pakistan wider. Dort werden die Balti nicht einmal erwähnt. Nur die Aufzählung der Provinzen und Grenzgebiete auf dem Boden des früheren Staates Kashmir nennt "Baltistan", d. h. den Namen der Landschaft. Wollte man ihre Gren zen so prägnant wie möglich definieren, würde man sagen, daß Baltistan im Norden bis zur Hauptkette des Karakorum reicht, im Süden bis an die westlichsten Teile des Himalayabogens. Die "natürliche" Westgrenze ist der Durchbruch des Indus zwi
doi:10.11588/propylaeumdok.00002314 fatcat:4xpulrsmlbccdbjpdtkdaj2bta