Entfesselte Natur in der Musik des achtzehnten Jahrhunderts
Mark Evan Bonds, Claus Bockmaier
1994
Notes
Seit ihren Anfängen hat sich die mehrstimmige Musik gerne von natürlichen Lebens-und Umwelterfahrungen des Menschen anregen lassen. Was man ge sehen, gehört oder im umfassenderen Sinn erlebt hat, ist im Mittelalter schon in mannigfacherWeise in die M úsica figurata eingeflossen.1 Ein berühmtes Beispiel stellt der Sommerkanon mit seiner vom Glockengeläut inspirierten Klanglichkeit dar. Daneben könnte man auf Stücke mit Vogelstimmenimitation verweisen, die sich unter französischen Liedsätzen des
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... 4. Jahrhunderts finden.1 2 In ausgeprägter Beziehung zu einigen besonderen menschlichen Lebenssituationen steht bekanndich die italienische Musik des Trecento. Mit der Caccia begegnet uns dort eine Gattung, die vom Text ausgehend eine bestimmte Aktion, ein konkretes Ge schehen erfaßt. Durch die kanonische Verknüpfung der Oberstimmen wird hier bereits der elementare Versuch unternommen, einen Aspekt der Szenerie, näm lich den der Verfolgung, musikalisch zur Geltung zu bringen. Die Trecento-Caccie repräsentieren damit wohl die früheste Form komponierter Aktions schilderung. Das Jagdstück bleibt dann ja, mit wechselnden Ausprägungen, in der Musikgeschichte bis ins 19. Jahrhundert hinein lebendig.3 In der Renaissance stellt sich mit der Battaglia ein verwandtes Sujet als Topos daneben,4 und ins 1 Zum folgenden: vgl. Kap. III. 1 der Diss. von Hubert Unverricht, "Hörbare Vorbilder in der Instrumentalmusik bis 1750: Untersuchungen zur Vorgeschichte der Programmusik" (Berlin: Freie Univ., 1954), S. 29-54. Dort wird ein Überblick über tonmalerisch geprägte Kompositionen bis einschließlich des 16. Jahrhunderts geboten. 2 Es seien hier zwei schon in dem "Essai sur les origines de la musique descriptive" von Michel Brenet erwähnte Beispiele angeführt, die u. a. im Codex Reina enthalten sind (Paris, Bibi. Nat., Fonds nouv. acq. fn;. 6 7 7 1): "Rosignolin del bosgolin"(ebd. f. 5 3 r) und »En ce gracieux tamps jo ly "(ebd. f 5 8 v); siehe: Michel Brenet,
doi:10.2307/899195
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