Das In-der-Welt-Sein der Frauen [article]

Saskia Wendel, Humboldt-Universität Zu Berlin, Humboldt-Universität Zu Berlin
2019
Überlegungen zu einem weiblichen Selbstverständnis' Saskia Wendel Die Frage nach dem menschlichen Selbstverständnis ist eine traditionelle Frage des Philosophierens: Was ist der Mensch? Was ist der Ursprung, was Grund und Ziel seines Seins? Die Frage nach dem Mensch-Sein ist also eng mit der Frage nach dem Lebenssinn verknüpft. Und ebenso verbindet sich die Frage nach dem Mensch-Sein mit der Frage nach dem Sein-Können: 'Was ist der Mensch?' heißt immer auch: Was kann der Mensch sein? Welche
more » ... lichkeiten hat er, sein Leben zu gestalten? Femimstische Philosophinnen haben allerdings auf die einseitige Perspektive der traditionellen philosophischen Versuche hingewiesen, die Frage nach dem Sinn und den Möglichkeiten des Menschseins zu beantworten. Frauen wurden in diesen Entwürfen entweder aus den Bestimmungen des Menschseins als 'Andere' ausgeschlossen oder einfach unter eine allgemeine Definition des 'Menschen' subsumiert. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen war das Ge¬ schlecht keine philosophische Kategorie, denn die Geschlechtlichkeit gehört zum Bereich der sinnlichen Erfahrung, und diese Erfahrung wurde in den tra¬ ditionellen Auffassungen dessen, was das Menschsein ausmacht, ausgeschlos¬ sen. Das 'Mann'-oder 'Frau'-Sein galt als Besonderheit, die für die allgemeine Bestimmung des Menschseins keine Relevanz hatte. Zum anderen wurde je¬ doch etwas Besonderes, eben das Mann-Sein, zu einem allgemeinen 'Mensch-Sein' erhoben, weil das Besondere nicht als Einzelnes und Besonderes bestehen durfte, sondern in eine ihm übergeordnete Allgemeinheit aufgehoben werden mußte. Doch mittlerweile ist diese einseitige Perspektive fragwürdig geworden, denn sie basiert auf einer philosophischen Tradition, die um der objektiven Wahrheit willen die Erfahrung und das heißt das Konkrete, das Besondere und damit auch die sexuelle Differenz aus der philosophischen Reflexion ausschließt. Die¬ se Tradition hat inzwischen ihre Selbstverständlichkeit verloren. Was heißt es 1
doi:10.25595/1654 fatcat:5tcdoku4kve5lgqpck42ykqpqm