Vorwort zur ersten Auflage
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2022
Systemisches Krankenhausmanagement
Krankenhäuser sind äußerst komplexe Systeme, die aus zahlreichen Abteilungen bestehen, heterogene Berufsgruppen koordinieren und schwierige Behandlungsprozesse durchführen. In der Realität sind alle Elemente, Funktionen und Prozesse vielfältig und intensiv miteinander verknüpft, sodass Veränderungen an einer Stellschraube stets zahlreiche Neben-, Rück-und Folgewirkungen haben. Zusätzlich ist das Krankenhaus in eine komplexe und dynamische Umwelt eingebunden, die eine ständige Achtsamkeit und
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... assung erfordert. Ein Management von Abteilungen, Patientenpfaden oder betrieblichen Funktionen greift deshalb stets zu kurz, wenn es nicht die Komplexität, Dynamik und Unsicherheit des Gesamtsystems berücksichtigt. Das zielführende Krankenhausmanagement muss deshalb ein systemisches Management sein. Vor 25 Jahren war es möglich, Krankenhäuser wie eine große Bürokratie zu führen. Das primäre Ziel war dabei die Einhaltung von Regeln, die für die einzelnen Teilsysteme entwickelt wurden. Seither hat sich die Krankenhausführung rasant entwickelt, wobei ich zwei Stufen unterscheiden möchte: das "Denken in Wirtschaftlichkeit" und das "Denken im System". Mit der Einführung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) im Jahre 1993 und insbesondere durch die Implementierung pauschalierter Entgelte auf Basis der Diagnosis Related Groups (DRG) wurde es notwendig, die Effizienz der Krankenhausleistung zu beachten, d. h., wirtschaftlich zu denken. Ein Überleben unter den neuen Bedingungen war nur möglich durch die Anwendung moderner Methoden aus der Betriebswirtschaftslehre. Qualitätsmanagement, Logistik, Marketing, Führung, Controlling etc. gehören heute zum Handwerkszeug jedes Krankenhausmanagers. So wichtig dieser erste Schritt war, so wenig hinreichend ist er für eine nachhaltige Existenzsicherung des Krankenhauses im 21. Jahrhundert. Das Krankenhausmanagement muss nicht nur separat die einzelnen betriebswirtschaftlichen Instrumente beherrschen, sondern vor allem das Krankenhaus als komplexes, dynamisches und stochastisches System begreifen, bei dem alle Elemente interdependent und in ihr demografisches, epidemiologisches, soziales und ökonomisches Umsystem eingeflochten sind. Der zweite Schritt zur modernen Krankenhausführung ist ein Denken im Systemund die instrumentelle Umsetzung ist ein systemisches Management. Das vorliegende Buch möchte einen Beitrag leisten, ein systemisches Krankenhausmanagement zu entwickeln. Es geht von der Annahme aus, dass hierfür zwei Voraussetzungen vorliegen müssen: zum einen müssen die betriebswirtschaftlichen Instrumente beherrscht werden. Zum anderen muss ein Verständnis für die Interdependenz der Teilsysteme und des Umsystems entwickelt werden. Es genügt nicht, wenn ein Krankenhausmanager den betriebswirtschaftlichen Instrumentenkasten anwenden kann. Vielmehr muss er das Wesen des Krankenhauses und des Gesundheitssystems verinnerlicht haben. Gleichzeitig nützt die Philosophie systemischen Managements nichts ohne die Beherrschung der Instrumente.
doi:10.1515/9783110753103-203
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