"Defectus natalium" – Geburt aus einem unrechtmäßigen Schoß als Problem klösterlicher Gemeinschaftsbildung [chapter]

Klaus Schreiner
Illegitimität im Spätmittelalter  
Eltern abzustammen, die nicht in rechter Ehe zusammenleben, begründet keinen natürlichen Makel, sondern ein Defizit an Ehre. Ehre beruht auf Wertschätzung, die Menschen ihren Zeit-und Artgenossen entgegenbringen; sie ist ein gesellschaftliches Konstrukt. Es sind die anderen, die Verhaltensabläufen Ehrbarkeit zu-oder aberkennen. Die Maßstäbe, nach denen dies geschieht, unterliegen geschichtlichem Wandel. Das gilt auch für die Einstellung gegenüber illegitim Geborenen in Kirche und Welt des
more » ... alters. Wollten diese zu Priestern geweiht, bepfründet oder in ein Kloster aufgenommen werden, wurden sie als Individuen identifiziert, denen von Geburt an ein ehrenrühriger Schandfleck anhaftet. Geburt aus einem unrechtmäßigen Schoß weckte Vorbehalte in die moralische Integrität der Betroffenen und behinderte ihren Weg zum Priester-und Mönchsberuf. Nachsichtiger und unbefangener urteilten gemeinhin Laien, die stärker an den sakramentalen Diensten als am Lebenswandel ihrer Pfarrer interessiert waren. Wenn Priester mit ihren Köchinnen im Konkubinat lebten und mit diesen Kinder zeugten, fanden sie darin nichts Anstößiges und Verachtenswertes. 1 Weltliche Herren intervenierten, wenn
doi:10.1524/9783486594294.85 fatcat:rmg44x63hvazdblp5bzo4bxal4