Die Bedeutung situativer Charakteristiken und struktureller Rahmenbedingungen für die Qualität der unterstützenden Fachkraft-Kind-Interaktion in Kindertagesstätten
Yvonne Reyhing, Doris Frei, Carine Burkhardt Bossi, Sonja Perren
2019
Zeitschrift für pädagogische Psychologie
Danksagung: Die Studie wurde von der Jacobs Foundation finanziell unterstützt. Wir danken den Beobachter_Innen für ihren engagierten Einsatz und den beobachteten Fachkräften für ihre Bereitschaft uns die Türen zu ihrem Alltag zu öffnen. Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-2-vzlnzs09amk48 Erschienen in: Zeitschrift für Pädagogische Psychologie ; 33 (2019), 1. -S. 33-47 https://dx.Zusammenfassung Die Bedeutsamkeit guter Qualität in
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... esstätten ist inzwischen hinreichend belegt. Die Fachkraft-Kind-Interaktion ist ein wichtiger Qualitätsindikator. Ziel dieser Studie ist es, mögliche Einflussfaktoren, die sich positiv auf die Interaktionsqualität auswirken, zu identifizieren. Der Fokus ist auf die situativen Charakteristiken sowie die strukturellen Rahmenbedingungen gerichtet, die sich nach Bronfenbrenners ökosozialer Theorie in unterschiedlicher Weise auf die Interaktion zwischen Fachkraft und Kind auswirken. Die Interaktionsqualität wurde in 119 Kita-Gruppen durch das Beobachtungsinstrument CLASS toddler erfasst. Zudem wurden die situativen Charakteristiken der Beobachtungszyklen festgehalten. Die strukturellen Rahmenbedingungen wurden mit einem Fragebogen erhoben. Anhand eines Mehrebenen-Strukturgleichungsmodells zeigt sich, dass bei den strukturellen Rahmenbedingungen nur die Qualitätszertifizierung in Zusammenhang mit der Interaktionsqualität steht. QualiKita-zertifizierte Einrichtungen zeigen die höchste emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung. Bei den situativen Charakteristiken zeigen sich mehrere signifikante Zusammenhänge. Geführte Gruppenaktivitäten weisen mehr unterstützende Fachkraft-Kind-Interaktionen auf als andere Aktivitätssettings. Je mehr Kinder anwesend sind, desto schlechter fällt die Interaktionsqualität aus. Bessere Interaktionsqualität zeigt sich in Situationen mit präsenten Leitungspersonen. Diese Studie verdeutlicht die Wichtigkeit der Alltagsgestaltung als Ansatzpunkt für weitere Qualitätsentwicklungsmaßnahmen. Abstract The importance of quality in early childcare is well known. Supportive teacher-child-interactions have been shown to be the most relevant quality. Thus, the purpose of this study was to identify predictors of positive teacher-child-interactions. The focus was set on situational characteristics and structural features. According the ecosocial theorie of Bronfenbrenner both influence the teacher child interaction in different ways. We used CLASS toddler to measure supportive teacher-child-interactions in 119 early childcare groups. We also noted situational characteristics of the observed cycle. A questionnaire was used to collect information about the structural features. We employed a multilevel structural equation model, which showed that among structural features only the quality certification had a significant effect. QualiKita certified child care groups showed the highest emotional and behavioural support. Moreover, several situational characteristics are associated with the quality of teacher-child-interactions. Guided group activities show higher quality of supportive teacher-child-interactions than other settings. The more children are present, the lower the quality of teacher-child-interactions. In situations with leading persons present, the quality of supportive interactions is higher. Overall, this study reveals the importance of the everyday organisation as a starting point for future quality development. Keywords : Early childhood education and care; Quality of interactions; Structural quality; CLASS toddler; Multilevel structural equation model . Unterstützende Fachkraft-Kind-Interaktionen 4 Die Bedeutung situativer Charakteristiken und struktureller Rahmenbedingungen für die Qualität der unterstützenden Fachkraft-Kind-Interaktion in Kindertagesstätten 1 Theoretischer Hintergrund Der Erwachsenen-Kind-Interaktion kommt eine besondere Bedeutung bei der Bildungsund Entwicklungsförderung in der frühen Kindheit zu. Erst wenn junge Kinder sich wohl und sicher fühlen, können sie ihre Umwelt offen und neugierig erkunden. Dazu sind sie auf vertraute, verlässliche und verfügbare Bezugspersonen in der Familie und der Kindertagesstätte angewiesen (Wustmann Seiler & Simoni, 2016). Die Interaktionen im Alltag und ebenso die gesamte Entwicklung der Kinder sind in ein System eingebettet, in dem verschiedene Akteure auf unterschiedlichen Ebenen, direkt oder indirekt, Einfluss nehmen (Bronfenbrenner, 1980). Die ökosystemische Theorie nach Bronfenbrenner beschreibt diese verschiedenen Systemebenen, und wie sie miteinander in Verbindung stehen. Die alltäglichen Interaktionen, die das Kind in der Kindertagesstätte direkt erlebt, werden in diesem Modell dem Mikrosystem zugeordnet. Das Mesosystem beinhaltet beispielsweise die Zusammenarbeit von Eltern und Fachkräften, die zwar das Kind betrifft, aber keine unmittelbare Interaktion mit dem Kind beinhaltet. Der Träger und weitere Akteure haben ebenso Einfluss auf den Alltag in der Kindertagesstätte und dadurch indirekt auf das Kind, indem sie die strukturellen Rahmenbedingungen bestimmen. Sie sind dem Makrosystem zugehörig. Das Erleben und Verhalten der Fachpersonen sowie der Kinder werden von verschiedenen Systemebenen beeinflusst. Auf Ebene des Mikrosystems ist die Wirkung der spezifischen Situationen auf das Verhalten der Fachkräfte interessant. Der ökobehaviorale Ansatz stellt diese Einflüsse auf des Verhalten in den Mittelpunkt der Betrachtung, weshalb er in dieser Studie als Grundlage der Forschung verwendet wird (z.B. Kontos, Burchinal, Howes, Wisseh, & Galinsky, 2002). Abgeleitet aus den dargestellten Ansätzen, wird in der vorliegenden Untersuchung die Bedeutung struktureller Rahmenbedingungen (auf der Meso-und Makrobene) und situativer Charakteristiken (Mikroebene) für die Qualität der Fachkraft-Kind-Interaktionen in Schweizer Kindertagesstätten betrachtet.
doi:10.1024/1010-0652/a000233
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