VERMISCHTES

1917 Zeitschrift für Romanische Philologie  
Bei dieser Gelegenheit möchte ich bemerken, das neufrz. tpaule noch immer nicht erklärt ist. Die alte Erklärung aus dem Anfang der 70er Jahre, dafs hier merkwürdigerweise -//-gerade so behandelt ist wie ein anderes / + Kons., finde ich allerdings noch in Meyer-Lübke I, 450, nach ihm bei Schwan-Behrens S. 65. Dafs ein sekundäres -//-, entstanden aus Dental + /, mithin = vorderes Zungenspitzen-/ -f-ebensolchem /, wie Meyer-Lübke will, auf einmal hinteres t ~\-l werden sollte, ist ausgeschlossen.
more » ... ie älteren Hss. schreiben zuerst espalle^ dann espale, wie denn das Wort heute in vielen Mundarten Ipal, spal lautet. Nur im Osten ist heute tpol, was auch für die östlichen altfrz. Mundarten (hier ist espaule regelrecht entwickelt) gilt. Aber warum soll diese östliche Form in das Französische und obendrein schon so früh eingedrungen sein?" So W. Foerster, ZRPh. XXII, 513. Trotz dieses Einspruchs ist diese, auf G. Paris, . lingu. 170 zurückgehende Erklärung des ul aus // von Suchier, Afrz. Gramm. 50 und von mir Frz. Gramm. § 175 beibehalten worden, während allerdings Behrens in der 10. Aufl. (und schon früher) vorsichtig sagt: "eine auffallende Entwicklung zeigen espaule (spaiula), moule (rnodulus) und auch meule (Schober), wenn es, wie angenommen wird, auf meiula zurückgeht. 1 Eine zuverlässige Deutung fehlt". -Anders G. Paris, R. XXVIH, S. 145: l'explication courante (dl > // > ul) "parait physiologiquement inadmissible, et on ne voit pas pourquoi le fran9ais aurait admis la forme Orientale espaule, Ipöle . .. metula, rotulat sont dans le meme cas et ont donno meule, roule, probablement par la chute du d < / et la conservation de P« u und darauf bezieht sich wohl auch die Bemerkung "le fr. espaule remonte ä spadula" (Mel. lingu. 348, 4). Endlich Ch. Drouhet sieht in espaule eine Kreuzung von westfranz. espaude und zentralfranzösisch espale (R. XXXV, 105), was aber ebenso 1 Dafs die Gleichung metula : meule noch festgehalten wird, überrascht; vgl. ZRPh. XXI, 97; XXVII, 150, XXVI, 314; XXIX, 450; R. XXIV, 310. 14* Brought to you by | New York University Bobst Library Tech Authenticated Download Date | 6/2/15 6:18 PM 212 VERMISCHTES. ZUR WORTGESCHICHTE. unwahrscheinlich ist, wie die Annahme, dafs tpaule aus dem Osten stamme. Die Form espaude ist in den Büchern der Könige, im Oxforder Psalter und in einer ebenfalls von einem Anglonormannen herrührenden Handschrift von Amadas und Ydoine überliefert (die genauen Belege gibt Drouhet a. a. O.), man darf sie aber wohl als westfranzösisch bezeichnen, wenn sie auch bis jetzt weder in alter Zeit noch heute auf dem Festlande zu belegen ist Nun gibt es ein Wort, das genau wie die Vertreter von spatula im Westen auf öl, im Zentrum / auslautet, nämlich sank "Weide". Die Formen sind im Atl. lingu. 1196 zu sehen: saod(r) findet sich in den Dop. llle-et-Vilaine, Loire-Inforieure, Morbihan und Cotes-du-Nord, sonst so/. Mehr im Süden steht sodr versprengt in Charente (Punkt 517, 518), sod, saodo in Creuze (601, 704) sodr, sod in Allier (902-904) und Loire (905), umgeben von vermutlich sekundären sol-und sos-Formen. Ganz vereinzelt scheint borsöl für marsaule in Oise. Das germanische Etymon lautet bekanntlich goth. *salhd, ahd. salaha, frank. salha. Leider fehlt ein weiteres Beispiel, das über die Entwicklung von germ. Ih Auskunft geben könnte; wenn man aber espaude tpaule und saude saule nebeneinanderhält, so bietet sich folgende Erklärung. Während altes // kein Doppelkonsonant, sondern ein von / zunächst durch die Artikulationsart verschiedener Laut ist, hat sich durch die Assimilation von // zu // ein wirklicher Doppellaut entwickelt, dessen erster Bestandteil, obschon aus einem dentalen / entstanden, doch zu i wurde, weil jedes andere / vor Konsonant / war. Der Nexus // wurde nun im Westen zu id dissimiliert, im Zentrum blieb er zunächst bestehen, wurde dann zu ul wie in allen anderen Fällen, wo / vor Kons, stand. Im Nordosten wo a + Kons, zu a wird, entsteht natürlich aus espaila entsprechend (e)spal. Daraus folgt nun weiter, dafs salha ebenfalls zunächst zu *satla geworden ist. Leider fehlt, wie gesagt, ein weiterer Fall für // aus / , andererseits darf man frz. malle aus malha nicht als Gegenbeispiel anführen, da es ja jünger sein kann. Zu espaude gesellte sich dagegen noch moude aus modulus in den Büchern der Konige, worauf schon Foerster hingewiesen hat. Auf der anderen Seite wird das au in saule im Dict. g6n. durch Einflufs von sauz aus salice erklärt, was an sich nicht unmöglich ist, aber was macht man mit sod(r)l Auffällig ist, dafs, wie schon hervorgehoben wurde, auf dem Festlande weder in alter Zeit espaude noch in neuer epod zu finden ist Man wird aber nicht fehlgehen mit der Annahme, dafs die Entwicklung von espaile zu espalde sich nicht erst auf englischem Boden vollzogen, sondern dafs frühzeitig auf dem Festlande epaule um sich gegriffen hat, wie ja auch die späteren agn. Texte nicht mehr espaude sondern espaule zeigen. Noch sei bemerkt, dafs die Erklärung von espaude sich von der Foersters, der sie scheinbar gleich ist, wesentlich unterscheidet. ZRPh. XXII, 264 heifst es: »mb aus b beruht auf einem Sprachfehler,
doi:10.1515/zrph.1917.38.2.211 fatcat:nfg4lbcbvzdvjmiaawmjqwaqwe