Berichte - Dokumentation - Chronik
Franz-Josef Eilers, Martin Thull, Vera Lebert-Hinze, Wasil Müller, Hans-Peter Röthlin
1983
Communicatio Socialis
Ein Symposium in Hohenheim Eine wissenschaftliche Veranstaltung zum Thema "Kommunikation und Entwiddung" an einer deutschen Universität ist ein seltenes Ereignis. So war es verständlich, daß trotz einer Verschiebung des ursprünglich geplanten Termins vom Herbst 1982 auf den 22. und 23. März 1983 und einer relativ kurzfristigen Mitteilung des neuen Termins immerhin rund 150 Teilnehmer zur Universität Hohenheim bei Stuttgart gekommen waren. Diese Teilnehmer waren Wissenschaftler ebenso wie
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... er, es waren Vertreter verschiedener Bundesministerien ebenso wie der Industrie, wobei die SEL-Stiftung bzw. SEL als Mitveranstalter besonders stark vertreten war. Hier wäre von der Teilnehmerzusammensetzung her die vom Vorsitzenden des Kuratoriums der SEL-Stiftung, Dr. G. Zeidler geforderte Möglichkeit gegeben gewesen, daß Ingenieure und Sozialwissenschaftler sich zusammensetzten und einen Dialog begännen. Tatsächlich stand der erste Tag des Symposiums fast ganz im Licht der politischen Beamten und der Industrie, die offensichtlich nur sehr beschränkt einen Sinn für die humane Dimension der Kommunikation entwickelten, bei der jeder Mensch vor allem in den weiten ländlichen Gegenden mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen sollte. Auch Everett Rogers (Stanford) konnte hier wohl nicht überzeugen, wenn er in einer geschichtlichen Darstellung eine übersieht über die Anfangsphase der "Development Communications" gab ("Wie kann man Kommunikation für Entwicklung einsetzen?"), auf kritisches Hinterfragen dieses Konzeptes in den siebziger Jahren verwies, um dann aber für die achtziger Jahre wieder mehr optimistisch zu sein, weil man doch heute Satelliten und eine neue Technologie zur Verfügung habe, die große Möglichkeiten enthielten. Wie diese neuen Möglichkeiten sich aber dann konkret für die Menschen in Entwicklungsländern auswirken, welche kulturellen und gesellschaftlichen Verschiebungen dadurch vielleicht verursacht und welche technischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten dadurch geschaffen werden, wurde weder von ihm noch von den Referenten aus der Industrie hinreichend angesprochen oder gar überzeugend dargestellt. Hier zeigten die Überlegungen von Prof. S. Amunugama (früher Sri Lanka, jetzt IPDC-Direktor Unesco, Paris) als eines unmittelbar Beteiligten schon andere Dimensionen. Er verwies nicht nur auf die Möglichkeiten im Kommunikationsfluß zwischen Nord und Süd, sondern auch auf die Ungleichheiten im Süd-Süd Informationsfluß, etwa zwischen ländlichen und städtischen Siedlungsgebieten in den Entwicklungsländern. Dabei darf die Interrelation zwischen Information und Wirtschaft nicht übersehen werden. Beide sind die verschiedenen Seiten der gleichen Medaille. Daß sich diese Ungleichheiten aber nicht nur in der Menge, dem Inhalt und der Art der Information, der Anzahl der Fernsehempfänger und der Komputer ausdrückt, sondern noch viel folgenschwerer in der Unterschiedlichkeit des Wertesystems, das all diesen "Errungenschaften" zugrunde liegt, sollte eigentlich klar sein. In dieser Frage der Werte hat die 246 Communicatio Socialis 16 (1983) 3: 249-284
doi:10.5771/0010-3497-1983-3-249
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