Ueber Intussuszeption des Colon descendens und deren röntgenologische Diagnose1)

F. Karewski
1921 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Eine bis dahin völlig gesunde Frau, die insbesondere niemals Erscheinungen von seiten des Magendarmkanals gehabt hatte, erkrankte 14 Tage vor ihrer Aufnahme in die innere Abteilung des Krankenhauses der jüdischen Gemeinde zu Berlin an Leibschmerzen und Verstopfung. Herr Kollege S t r a u ß stellte auf Grund der üblichen Untersuchungsmethoden einen hochsitzenden, d e u t I i c h u m g reifb a r e n , g ut b e w e g 1 i ch e n , harten, nicht ganz ebenen, schmerzhaften Tumor der Flexura sigmoidea
more » ... fest und verlegte die Patientin behufs Operation auf meine Station. Während einer zweitägigen Beobachtung, die vergeblich benutzt wurde, um die Kotpassage herzustellen, konnten im wesentlichen nur die vorher gemachten Erhebungen bestätigt werden. Dann mußte wegen sich steigernder Ileuserscheinungen ein Anus praeternaturalis angelegt werden, für den mit Rücksicht auf die später vorzunehmende Darmresektion das Querkolon gewählt wurde. Bei dem Eingriff fand sich Aszites, aber keine Eruption sekundärer Knoten auf der Serosa. Die enorme Auftreibung der Därme hinderte weitere Klärung der anatomischen Verhältnisse der Geschwulst. Während nun die bedrohlichen Symptome verschwandeii, blieb jenseits des künstlichen Afters die Okklusion bestehen. Der Meteorismus der linken Bauchseite verringerte sich nicht, die Darinsteifungen hörten hier nicht auf, kolikartige Schmerzen quälten andauernd die Kranke. Der Tumor wuchs zusehends, rückte gleichzeitig nach unten, sodaß er vom Rektum her palpabel wurde und schließlich sogar ini Spekuluni dem Auge sichtbar gemacht werden konnte. Die täglichen Untersuchungen ließen mit immer größerer Sicherheit erkennen, daß eine Invagination vorlag, deren dem After sich nähernder Teil wahrscheinlich die Kuppe einer Neubildung war, wenn auch die Möglichkeit vorlag, daß er nur der nekrotisierenden, ödematös geschwollenen Schleimhaut des Intussuszeptums entsprach. Da die Radikaloperation nicht dringend benötigt wurde, es sehr wünschenswert erschien, zunächst den überfüllten Leib zu entleeren, tinter Darmspülungen, welche analwäris von dem Kunstafter geschahen, der Meteorismus und die Darmsteifungen verschwanden, alsdann die sehr elende Frau gut ernährt werden konnte und sich sichtlich erholte, so wurde erst 4 Wochen später zur Darm r e s e k t jo n geschritten. Es zeigte sich, daß die lnvagination 25 cm lang war, die Dicke eines starken Oberarms hatte und daß auch das Netz in die Einsthlpung hineingezogen war. Dabei war der Tumor so beweglich geblieben, daß er nach Durchtrennung des Netzes unschwer aus der Bauchhöhle herausgehoben und die Tolairesektion des Dickdarms mit zirkulärer Wiedervereinigung ausgeführt werden konnte. Der postoperative Verlauf war günstig, wenn auch die Darmnaht nicht völlig hielt und mehrere Nachoperationen zur definitiven Beseitigung der verschiedenen Darmdefekte, welche zur Heilung der Kranken verursacht worden waren, erforderlich wurden. Sie ist gänzlich genesen, und da die Mesenterialdrüsen sich mikroskopisch als gesund erwiesen, besteht begründete Aussicht auf Dauererfolg. Die Intussuszeption war durch ein mandarinengroßes Ca. adenomatosum verursacht worden, das der Darniwand ziemlich breitbasig aufsaß. Abgesehen von dem klinischen Interesse dieser, wenn auch nicht durchaus ungewöhnlichen, so doch seltenen Beobachtung einer durch einen bösartigen Darmtumor hervorgerufenen Invagination des Colon clescendens, dürfte das Ergebnis der röntgenologischen Untersuchung des Falles einige differentialdiagnostische Bedeutung haben. Der Leiter unseres Röntgeninstitutes, Herr Dr. Ziegler, hatte folgenden Bericht gegeben: Der Einlauf füllt zunächst die Ampulle 1) Nach einer Demonstration in der Berliner Gesellschaft für Chirurgie am 9. V. 1921. Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
doi:10.1055/s-0028-1140888 fatcat:alqg4xuazze7jhrdiy7ayoxx5m