Katrin Keller: Der Star und seine Nutzer. Starkult und Identität in der Mediengesellschaft

Jens Ruchatz
2009
In der Beobachtung, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit Stars in Deutschland kein sonderlich gutes Bild abgibt, ist Katrin Keller (vgl. z.B. S.111f.) zweifellos beizupflichten. Oftmals beschränkt man sich auf Beschreibungen, die sich nur in der Recherchetiefe von populären Biografien unterscheiden, und vermeidet die drängenden theoretischen Fragen. Allerdings ist nicht einsichtig, warum sich Keller dann selbst fast ausschließlich auf eine deutschsprachige Literaturbasis bezieht.
more » ... e Arbeiten wie die von Edgar Morin, Jackie Stacey und Richard deCordova zum Filmstar oder die Perspektiven von Graeme Turner und P. David Marshall auf die celebrity culture, um nur wenige zu nennen, werden nicht ausgewertet, obwohl diese für die gewählte Perspektive zielführend gewesen wären. Ja, selbst Richard Dyers bahnbrechende Arbeit, die über die Studie von Filmstars hinausweist, wird nur gestreift. Will man diese Vernachlässigung der internationalen Forschung positiv umwerten, so kann man freilich erkennen, dass sich Keller um eine sehr eigene, originelle Perspektive bemüht, die sich eben nicht damit zufrieden gibt, Dyers Theoreme zu re-zitieren. Keller strebt eine allgemeine -medien-wie spartenübergreifende -Theorie des Stars an und hat sich damit eine große Aufgabe gestellt. Angelpunkt der Darstellung wird ihr dabei die Perspektive des Fans, der als "Star-Nutzer" aus der Schmuddelecke geholt wird, denn die Teilnahme an populärer Kultur sei "Wahlpflichtveranstaltung" (z.B. S.3), die selektive Bestimmung popkultureller Präferenzen also mehr oder minder für jeden unvermeidlich. Die Bezugnahme auf Stars -sei sie positiv, sei sie negativ -wird als Arbeit an der eigenen Identität aufgefasst, für die Stars entweder als "Hoffnungsträger" (S.166ff.) oder als abschreckende Beispiele fungieren, die von den Nutzern als Entwicklungsperspektiven auf sich selbst bezogen werden. Insofern hier der Fokus auf der -selbstredend massenmedial -authentifizierten Privatperson des Stars liegt, konzentrieren sich die Überlegungen zum Star zurecht auf die als fundamental erkannte "Einheit der Differenz Star-Star/Star-Mensch" (S.135), also die konstruierte Beziehung von öffentlicher und privater Person. Dies ist freilich ebenso wenig bahnbrechend neu wie etwa die Ehrenrettung des Fans. Innovation findet sich eher in Nuancen, beispielsweise in der gleichberechtigten Behandlung auch negativer Bezugnahmen von Nutzern auf Stars. Kellers Leistung liegt ohnehin hauptsächlich darin, anschlussfähige Befunde aufzuspüren und in einem konsistenten theoretischen Rahmen zu reformulieren. Die innere Stringenz sichert hierbei die Medienkulturwissenschaft Siegfried J. Schmidts, der Kellers kommunikationswissenschaftliche Dissertation auch betreut hat. Die
doi:10.17192/ep2009.2.534 fatcat:gdayn4cg6netbjdhzqfixww3ri