Nikias und Xenophon von Kos
Rudolf Herzog
1922
Historische Zeitschrift
Die beiden Männer, deren Lebensbild im folgenden aus den durch literarische und monumentale Quellen erschlossenen Zügen zusammengesetzt werden soll, sind Typen der griechischen Gelehrten, welche nach Rom kommen, um dort ihr Glück zu machen, von den vornehmen römischen Kreisen, in die sie sich durch ihr angenehmes und schmiegsames Wesen Eingang verschafft haben, je nach der Stimmung der hohen Herren bald mit Hochachtung, ja Verehrung vor ihrer überlegenen alten Bildung behandelt, bald als
more »
... i über die Achsel angesehen. Aus der Masse dieser Gestalten heben sie sich aber heraus und gewinnen ein besonderes historisches Interesse durch die Art, wie sie in die große Geschichte verwickelt werden, und durch die Frage nach dem Charakter, den sie in ihrer Rolle entwickeln. Sie sind problematische Naturen, wie geschaffen für einen Roman, der erste von ihnen ist auch als einheitliche Persönlichkeit ein Problem. Beider Heimat ist die Insel Kos, eine der schönsten Perlen im Kranze der vor der kleinasiatischen Küste liegenden Eilande. Sie verehrte seit alter Zeit als ihren Hauptgott den Heiland Asklepios. Auf ihn führte sich das Ärztegeschlecht zurück, dessen größter Sohn Hippokrates war. Die von ihm begründete, jahrhundertelang auf Kos blühende Ärzteschule Historische Zeitschrift (125. Bd.) 3. Folge 29. Bd. 13 Brought to you by | provisional account Unauthenticated | 134.153.184.170 brachte dem Heiligtum im Verein mit dem gesunden Klima und der lieblichen Lage einen großen Aufschwung als Heilort. Auch andere Künste und Wissenschaften blühten auf Kos, von der Huld des Hofes von Alexandria gefördert. Der erste Ptolemäer machte den Philologen und Dichter Philitas von Kos zum Erzieher seines auf Kos geborenen Sohnes, des späteren Ptolemäus II. Unter diesem dichtete Theokrit, auch ein Sohn der Insel und Schüler des Philitas, seine schönsten Hirtenidyllen an ihren plätschernden Quellen, im kühlen Schatten der Platanen und Schwarzpappeln, die noch heute wie zu seiner Zeit den Wanderer zur Rast laden. 1 )
doi:10.1524/hzhz.1922.125.jg.189
fatcat:tbz6sdyjsbci3onpdxafobp56y