Zu Vignolas Palazzo Bocchi in Bologna

Johann Karl Schmidt
2017
Der Palazzo Bocchi in Bologna1 spielt im Entwicklungsgang Vignolas eine nicht unbedeutende Rolle, denn er wird auf einen Entwurf des Architekten zurückgeführt, der zweifellos eines der ersten selbständigen architektonischen Projekte gewesen ist. Ignazio Danti, mit Leben und Werken Vignolas bestens vertraut, bringt den Palast zum ersten Mal mit seinem Namen in Zusammenhang, ohne jedoch ein Datum zu nennen.2 Die Guidenliteratur Bolognas über liefert in der Folgezeit ausser der Autorschaft
more » ... als Baudatum das Jahr 1545.3 In den Uffizien befindet sich der Stich4 einer Palastfassade (Abb. 2), dessen Bedeutung zuerst Wolfgang Lotz erkannte und den er 1958 veröffentlichte.5 Der Stich trägt mit der Un terschrift Orthographia meridionalis academicae domus Bocchianae Bonon. das Datum 1555 und zeigt am oberen Rand ausserdem das Papstwappen Pius' IV. mit einer auf diesen Papst sich beziehenden Widmung. Es ist offensichtlich, dass das Datum der Unterschrift 1555 mit der Regierungszeit Pius' IV. (1559-65) nicht vereinbar ist. Schon Lotz hat auf diese Unver einbarkeit hingewiesen. Auch Maria Walcher Casotti verkennt in ihrer Vignola-Monographie von i960 nicht die Schwierigkeiten, Wappen und Datum in Übereinstimmung zu bringen.6 Sie erklärt das Datum 1555 als den Zeitpunkt einer neuerlichen Überarbeitung eines ursprüng lichen Entwurfes Vignolas, der um 1545 anzusetzen sei. Diese Neubearbeitung des früheren Fassadenentwurfes sei dann vier Jahre später, 1559, anlässlich der Wahl Pius' IV. und ihm zu Ehren mit dessen Wappen publiziert worden, bezeuge aber durch die Beibehaltung des Datums von 1555 die Entstehungszeit des korrigierten Stiches für dieses Jahr. Die Schwierig keiten, die Walcher Casotti so zu lösen versuchte, finden nun ihre Aufklärung durch einen in Privatbesitz entdeckten Stich mit der Ansicht der Palastfassade (Abb. 1), der in wichtigen Einzelheiten von der bisher bekannten Fassung ab weicht. Er trägt die gleichlautende Un terschrift, jedoch das Datum 1545; anstelle des Medici-Wappens Pius' IV. erscheint sinnge mäss das zu erwartende Wappen Pauls III. Farnese mit dem Distichon auf das Haus Farnese: Caerula dum laeto florebunt lilia mundo florebit pietas semper et alma fides Bocchie quid dubitas vivit Farnesia proles ne desponde animum spes tua vivit adhuc. * Wesentliche Förderung bei dieser Arbeit erhielt ich von Professor Dr. Erich Hubala, dem ich an dieser Stelle zu danken habe. 1 Via Goito 16 (ehern. Via de' Monari 1678). Aus dem Besitz der Familie Bocchi ging er später in den der Familien Piella-Mazzolini und Mandeili über, deren Namen er trug. 2 Le dve regole della prospettiva pratica di M. Iacomo Barozzi da Vignola con i comentarij del R.P.M. Egnatio Danti,
doi:10.11588/mkhi.1967.1./2..41536 fatcat:l2mqfd4v6jfaxoodju4yzwcsre