BESPRECHUNGEN
1911
Zeitschrift für Romanische Philologie
Dante e il "Dcdalo" petrarchesco con UM o studio sulle malattie di Francesco Petrarca. Lanciano, Carabba 1910. 566 S. L. 8. Der erste Teil dieser gründlichen Untersuchung beschäftigt sich mit der Nachahmung Dantes bei Petrarca. Zunächst wird unzweifelhaft festgestellt, dafs Petrarcas Brief Farn, XXI, 15 wirklich aus dem Jahre 1359 stammt und dafs Boccaccios Gedicht Ytalie iam certus honos weit älter ist (1351 -1353). Mit guten Gründen nimmt Verf. dann an, dafs dies Gedicht aber erst 1359
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... a übersendet wurde, während das Geschenk der Göttlichen Komödie zwischen 1351 und 1353, wenn überhaupt, stattfand. Der Brief Petrarcas, richtig aufgetafst, spricht jedenfalls deutlich aus, dafs Petrarca, als er ihn schrieb, Dantes Werke schon lange kannte, ja der Brief selbst zeigt in seiner Ausdrucksweise Dantes Einflufs, meint Verf., wenngleich man hier m. E. mit Annäherungen sehr vorsichtig sein mufs. Danach stellt Mascetta-Caracci den rechtfertigenden Charakter des Briefes aufser Frage und schält die drei Anklagen heraus, gegen welche sich die Rechtfertigung richtet: Hafs und Verleumdung Dantes, Geringschätzung der Werke des grofsen Florentiners und Neid. Die gewundene Fassung des Briefes zeigt, dafs die ersten beiden Anklagen nur zu gerechtfertigt waren. Petrarca wufste sogar, wenn auch nur zeitweilig, selbst Boccaccio zu einer niedrigeren Einschätzung Dantes zu bringen, wie ein Vergleich der beiden Bearbeitungen des Dante-Carmen zeigt, in dem v. 29 wohl richtig auf Petrarca gedeutet wird. Unangebracht ist bei dieser Darlegung mehrfach des Verf. Polemik gegen Hecker. Dieser hat S. 23 o. und u. und S. 26 deutlich zwei Lesarten, die ältere des cod. vat. und die jüngere des cod. pal. geschieden. Eine dritte Zwischenlesart, die Beccadellis, kann ich nicht anerkennen, und sie wird durch nichts bewiesen. Die Frage nach dem Neide Petrarcas wird dann eingehend untersucht. Zunächst geht Verf. gründlich auf den Widerspruch der Behauptung Petrarcas, er habe sich mit der Vulgärdichtung nur kurze Zeit in seiner Jugeud aus Zeitvertreib beschäftigt, mit den uns bekannten Tatsachen ein. Dabei entwickelt er seine Ansicht, dafs Petrarcas meiste Gedichte bis 1348 entstanden und dafs von da an seine dichterischen Fähigkeiten fast völlig versiegt seien. Letztere Schlufsfolgerung, sehr übertrieben und bestimmt nur cum grano salis anzuerkennen, rührt aus verkehrter Erklärung von Stellen in Petrarcas italienischen und lateinischen Schriften her. Wie kann Verf. z. B. aus den Worten vom 28. Nov. 1349 Brought to you by | New York University Bobst Library Technic Authenticated Download Date | 6/2/15 6:11 AM L. MASCETTA-CARACCI, DANTE E IL "DEDALO" ECC. IO7 " Videtur nitnc animus ad hacc expedienda pronus" schlicfsen wollen, dafs "appena morta Laura, e raccogliendo do Je rime, il Petrarca aveva determinato di lasciare per sempre quel gonere di poesia" (S. 62)? Die Worte bedeuten doch nur, dafs Petrarca sich in diesen Tagen aufgelegt fühlte mit Erfolg an dem Gedichte Che debbio far zu arbeiten! Das beweisen, wenn es nicht schon so klar wäre, deutlich die noch folgenden Worte Petrarcas, welche Verf. ausgelassen hat. Wie kann man den S. 72 ff. aus den Gedichten angeführten Stellen eine so ausschliefsende Erklärung geben! Auch in ihnen liegt ein gut Teil Koketterie und Pose, gerade wie in der scheinbaren Verachtung der eigenen Gedichte in italienischer Sprache, während sich Petrarca ihres Wertes wohl bewufst war, wie Verf. in Kapitel 5 eingehend darlegt. Angesichts aller der bewiesenen Unwahrheiten in dem Briefe XXI, 15 schliefst Mascetta-Caracci mit Recht, dafs auch die Behauptung Petrarcas, er habe Dantes Werke und die Werke anderer italienischer Dichter in seiner Jugend nicht gelesen, unwahr sei, und spricht eingehend über Petrarcas Unaufrichtigkeit, die auch durch die bekannte Stelle in Boccaccios Genealogia Deoium, wo von Petrarca gesagt wird Benins mendaciitm htalis est hostzs", und wo er "vfnerabt'/e verüatis sacrarium" genannt wird, nicht widerlegt werden kann. Sie wird vielmehr, ganz abgesehen von anderen Äufserungen Boccaccios, durch des Dichters Auffassung vom Wesen der Lüge, durch in seinen Briefen und sonstigen Schriften nachweisbare Fälle von Unwahrheit und -nach Verf. -vor allem durch seinen Prozefs wegen des Priorates von Migliarino bewiesen. Gerade aus dem doch etwas unklaren Bericht über den Verlauf dieses Prozesses kann ich aber nicht so Nachteiliges für Petrarca herauslesen. Daraus, dafs dieser unter dem Eide aussagen mufs, und dafs nachher seine Beschwerde allerdings mit starken Ausdrücken venvorfen wird, geht doch nicht hervor, wie Verf. anzunehmen scheint, dafs Petrarca einen Meineid geleistet hat! Im Gegenteil scheint mir doch gerade Petrarcas Einspruch gegen Jas erste Urteil und der vom Verf. übersehene Umstand, dafs nur der gröfsere Teil der Richter des zweiten Gerichtshofes, nicht alle, gegen ihn waren, zu beweisen, dafs er sich im Rechte glaubte. Die überflüssiger Weise gewissermafsen zur Bestätigung der Pfründenjägerei Petrarcas in Anmerkung 2 S. 132 -134 mit teilweise phantastischem Kommentar (vgl. Anni. zu 13, 15 und 18; 25) neu abgedruckte Caccia ist, wie Verf. 8.547 -54$ nachträglich bemerkt, von Carducci (Cacce in rirna dei secoli XIV c XV, Zanichclli, Bologna 1896, S. 93 ff.) in besserer Lesart als von Niccolo Soldanicri herausgegeben. Bei dieser Attribution mufs es auch sein Bewenden haben; was Verf. dagegen einwendet, ist durchaus nicht stichhaltig. Ich hätte übrigens Soldanieri nicht einen scafaacane qualunque genannt, aber Mascetta-Caracci verschont selbst die Toten nicht mit seiner Ironie und Satire. In Anm. 2 S. 138 war Lo Parcos Aufsatz im Gsli. Bd. LII S. 56 ff. (1908) anzuführen. Nach einer kurzen Darlegung, wie Petrarca über literarische Nachahmungen dachte, dafs er die Entlehnung von Gedanken für durchaus erlaubt hielt und nur anderen sprachlichen Ausdruck verlangte, um' die Entlehnung zu verdecken, geht Verf. zu einem Vergleich von 324 Stellen (No. 5 ist auszuschalten) aus allen Weiken Petrarcas mit Stellen aus der Göttlichen Komödie über, wobei die nach des Verf. Wissen zum ersten Male gebrachten mit einem Sternchen bezeichnet und manche Erklärungen und Auseinander-Brought to you by | New York University Bobst Library Technic Authenticated Download Date | 6/2/15 6:11 AM
doi:10.1515/zrph.1911.35.1.106
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