Ueber das Eusapyl in der gynäkologischen Praxis
Sigmund Gottschalk
1911
Deutsche Medizinische Wochenschrift
Eusapyl" bringen die Höchster Farbwerke ein neues Desinfektionsmittel in den Handel, das ich seit Juni y. Js. ausschließlich in meiner Klinik benutzt habe. Eusapyl ist eine wäßrige Lösung von Chiormetakresol in rizinolsaurem Kali im Verhältnis 1:1. Als ich vor nahezu Jahresfrist an meine praktischen Versuche mit diesem Des-infektjonsmittel heranging, lagen bereits einwandfreie Laboratoriumsversuche aus dem Gießener hygienischen Institut vor, durch welche der hohe desinfektorische Wert dieses
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... tels erwiesen war. Diese Versuche sind von Laubenheimer') und s u r u j a O k a d a2) unter Berücksichtigung aller Kautelen angestellt. So konnte Laubenheimer beispielsweise dartun, daß eine bestimmte hochvirulente Staphylokokkenkultur von einer ¼ % igen Eusapyllösung in einer Minute, von einer 2 %igen in 30 Sekunden abgetötet wurde, während das gleiche Resultat in einer 1°/00-igen Sublimatlösung innerhalb 30 Minuten, in einer 1 %igen Kresollösung in 90 Minuten und einer 2 %igen Kresolseifenlösung innerhalb fünf Minuten erreicht wurde. Ein anderes Versuchsbeispiel: 8 mg Chiormetakresol zu loo g Serum versetzt, bedingen vollkommene Sterilität des Serums. Auch in eiweißhaltiger Flüssigkeit bewahrt das Mittel seine keimtötende Wirkung. Dazu kommt seine relative Ungiftigkeit, welche besonders im Breslauer pharmakologischen Institut festgestellt wurde : Die tödliche Dosis ist 2 4 mal höher als die der Kresolseifenlösung. Diese Ergebnisse wurden jüngst bestätigt in einer im 91. Bande des Archivs für Gynäkologie erschienenen Arbeit von Engen Konrád aus dem Bakteriologischen TJniversitätsinstitüt in Budapest. Konrád empfiehlt auf Grund seiner Laboratoriumsversuche zur Händedesinfektion eine 1 % ige Lösung des Chlormetakresols in dem y. Herffschen Alkohol-Azetongemisch (2 : 1), namentlich auch zur Schneildesinfektion. Praktisch erprobt hat K o nr á d diese Desinfektionsmethode an neun Fällen aus der sOgenannten kleinen Gynäkologie. Meine praktischen Versuche beziehen sich ausschließliçh auf das Eusapyl. Es wurde zur Händedesinfektion th Anlehnung an die L au benhei me r-O k adasohen Händedesinfektionsversuche ausschließlich eine 1 % ige Eusapyllösung in Aethylalkohol nach folgendem Rezept verwendet : Zu 900 g 80 % igem Aethylalkohol setzte ich 90 g abgekochten Wassers und 10 g Eusapyl ; es resultiert so eine klare alkoholische Lösung mit schwachem Chiorgeruch. Diese alkoholische Lösung verursacht zwar ein leichtes, vorübergehendes Gefühl von Brennen an der Hand, die Han4 wird aber durch sie in keiner Weise geschädigt. Die Händedesinfektion beginnt mit der gewöhnlichen mechanischen Reinigung mittels strömenden heißen Wassers, Kaliseife und Bürste, etwa fünf Minuten lang, dann Reinigung des Unternagelraumes, Beschneiden der Nägel mit ausgekochter Nagelschere. Nun werden die Hände und Vorderarme mit Seifenspiritus mittels steriler Gazetupfen gründlichst abgerieben und dann etwa fünf Minuten lang in der alkoholischen Chlormetakresollösung mittels Flanellappens oder Bürste gründlichst desinfiziert. Als alter Freund des Seifenspiritus habe ich auf dessen Zwischenschaltung bisher nicht verzichten wollen, obgleich Laubenheimer und Okada bei ihren Versuchen davon keinen Gebrauch gemacht haben. Alle aseptischen Eingriffe gynäkologischer und geburtshiiflicher Art sind in meiner Klinik seit Juni y. Js. ausschließlich unter dem Schutz dieser Methode der Händedesinfektion -ohne Gummischutz ausgeführt worden. Dabei ist keine auf Infektion zurückzuführende Temperatursteigerung und kein Todesfall vorgekommen. Septische Operationen wurden zum Schutz der Hände mit Gummihandsehuhen gemacht. Ich habe die Ueberzeugung gewonnen, daß die beschriebene Art der Händedesinfektion zuverlässig ist, naturgemäß unter der Voraussetzung, daß man möglichst Sorge trägt, die bloßen Hände mit septischem Material nicht in Berührung zu bringen. Die l%ige Lösung des Eusapyls ist eine %ige Ghlormetakresollösung. In dieser gleichen Konzentration habe ich weiter von der wäßrigen Lösung einen ausgiebigen Gebrauch zu Scheiden und Gebärmutterspülungen gemacht. Will man eine klare wäßrige Lösung zur Spülung gewinnen, so muß man kochendes Wasser, das mindestens zehn Minuten lang gekocht hat, verwenden in der Weise, daß man in das kochende Wasser unter beständigem Umrühren mit dem ausgekochten gläsernen Ansatzrohr des Irrigators 10 g Eusapyl pro Liter Wasser L a u b e n heim er, Phenol und seine Derivate als ]Jesinfektionsmittel. Urbin u.
doi:10.1055/s-0028-1130682
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