Ein Beitrag zur Entwicklung von Koppelsystemen für die Validierung im Kontext des X-in-the-Loop-Frameworks am Beispiel eines Schaltroboters = A Contribution to the Development of "Koppelsystems" for Validation within the X-in-the-Loop-Framework with a Shifting Robot as an Application Example

Tobias Pinner
2017
Wissen ist einer der entscheidenden Faktoren in den Volkswirtschaften unserer Zeit. Der Unternehmenserfolg wird in der Zukunft mehr denn je davon abhängen, wie schnell ein Unternehmen neues Wissen aufnehmen, zugänglich machen und verwerten kann. Die Aufgabe eines Universitätsinstitutes ist es, hier einen wesentlichen Beitrag zu leisten. In den Forschungsarbeiten wird ständig Wissen generiert. Dieses kann aber nur wirksam und für die Gemeinschaft nutzbar werden, wenn es in geeigneter Form
more » ... ziert wird. Diese Schriftenreihe dient als eine Plattform zum Transfer und macht damit das Wissenspotenzial aus aktuellen Forschungsarbeiten am IPEK -Institut für Produktentwicklung Karlsruhe 1 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verfügbar. Die Forschungsfelder des Institutes sind die methodische Entwicklung und das Entwicklungsmanagement, die rechnergestützte Optimierung von Strukturen und Systemen, die Antriebstechnik mit einem Schwerpunkt auf den Gebieten Antriebsstrang-Engineering und Tribologie und Monitoring von Lager-und Funktionsreibsystemen, die NVH mit dem Fokus auf Schwingungen und Akustik an Komponenten und am Gesamtfahrzeug, die Mikrosystemtechnik mit dem Fokus auf die zugehörigen Entwicklungsprozesse sowie die Mechatronik. Die Forschungsberichte werden aus allen diesen Gebieten Beiträge zur wissenschaftlichen Fortentwicklung des Wissens und der zugehörigen Anwendungsowohl den auf diesen Gebieten tätigen Forschern als auch ganz besonders der anwendenden Industriezur Verfügung stellen. Ziel ist es, qualifizierte Beiträge zum Produktentwicklungsprozess zu leisten. In der modernen Produktentwicklung ist es zwingend erforderlich, durch effektive und effiziente Methoden in möglichst kurzer Zeit Produkte zu entwickeln, die sowohl den Kundennutzen als auch den Anbieternutzen nachhaltig erfüllen, um damit die Entwicklung von Unternehmen abzusichern. Der globale Wettbewerb macht es hier auch unabdingbar, sich kontinuierlich während des Entwicklungsprozesses darüber im Klaren zu sein, ob die Kundenrelevanzaber auch die Anbieterrelevanznoch im Fokus der Entwicklung steht. Vor diesem Hintergrund definiert der Unterzeichner die Validierung als die zentrale Aktivität im Rahmen der Produktentstehung. Mit Validierung ist hier im erweiterten Sinne sowohl der Abgleich zwischen den im Zielsystem des jeweiligen Produktes festgelegten Kundenanforderungen als auch den ebenfalls hier definierten Anforderungen aus dem Kontext des Unternehmens gemeint. Teil dieses so weit gefassten Validierungsbegriffs ist dann die Verifikation, bei der es um die Abklärung der Frage geht, ob das Produkt richtig entwickelt wurde, das heißt, ob zum Beispiel die notwendigen Lebensdauern oder auch die Festigkeitsrandbedingungen eingehalten werden konnten. Die Validierung erfolgt dabei auf der Basis von drei grundlegenden Vorgehensweisen, die jeweils kontinuierlich im Entwicklungsprozess nach Bedarf eingesetzt werden müssen. Die virtuelle Validierung durch Simulation mit entsprechend aussagefähigen Modellen, die mit den zugehörigen Adaptionsexperimenten abgesichert sind, ist eine erste Kernaktivität. Hiermit können insbesondere Fragestellungen der Verifikation angegangen werden. Im Konzept der PGE -Produktgenerationsentwicklung nach ALBERS kommt dabei der Übernahme und Adaption von Simulationsmodellen und -konzepten aus den Vorgängergenerationen eine zentrale Bedeutung bei, um die notwendige Effizienz zu erreichen und auch bereits in sehr frühen Produktdefinitionsphasen simulativ aktiv werden zu können. Der zweite, sehr wichtige, Bereich der Validierung ist die experimentelle Validierung durch physische Prototypen in unterschiedlicher Detaillierungsqualität. Hier kann insbesondere auch durch die Nutzung neuer Methoden des Rapid Prototyping bereits in sehr frühen Phasen des Produktentwicklungsprozesses eine begleitende physische Validierung durchgeführt werden. Dazu sind immer auch entsprechende Prüfeinrichtungen zur Durchführung dieser experimentellen Untersuchungen notwendig. Der Vorteil der physischen Validierung ist die oft sehr schnelle und eher ganzheitliche Aussage zur Eignung des Entwicklungsstandes, da im Experiment immer auch viele nicht explizit "erkannte" Parameter und Wechselwirkungen mit validiert werden, während bei der Simulation basierend auf den gewählten Modellen nur das im Modell abgebildete verkürzte Abbild der Wirklichkeit berücksichtigt werden kann. Ein Beispiel in diesem Kontext sind Emergenz-Effekte, die durch das Zusammenwirken von Teilsystemen entstehen und oft erst im Experiment erkannt werden. Ein drittes sehr zukunftsweisendes Konzept ist die Kombination von Echtzeitsimulation mit physischer Repräsentanz von Teilsystemen in einem geschlossenen Validierungsansatz. Dies wird im Rahmen der Arbeiten in der KaSPro -Karlsruher Schule für Produktentwicklung, aber auch vermehrt von verschiedenen anderen Wissenschaftlern aufgenommen, unter dem Konzept X-in-the-Loop durch intensive Forschung vorangetrieben. Im Rahmen der Karlsruher Schule für Produktentwicklung wird dieser Ansatz unter dem Begriff IPEK-XiL-Framework zusammengefasst. Hierbei geht es darum, ein technisches Produkt im Kontext seines Übersystems und in allen Wechselwirkungen mit parallelen Systemen, zum Beispiel mit dem Kunden, aber auch mit anderen agierenden Systemen ganzheitlich zu validieren. Diesem Validierungsansatz kommt bei den heutigen modernen mechatronischen (smarten) Produkten eine zentrale Bedeutung bei, da es praktisch nicht mehr möglich ist, zum Beispiel autonome Fahrzeuge mit klassischen Validierungsansätzen zu untersuchen. Ein zentrales Konzept der Gruppe um ALBERS ist hierbei im Rahmen des IPEK-XiL-Frameworks die gleichzeitige Entwicklung von Produkt und geeignetem Validierungssystem. Wenn unter den hier geforderten Randbedingungen validiert werden soll, muss bereits von Anfang an auch das Validierungssystem mit entwickelt werden. Hierbei handelt es sich um einen weiteren, parallel ablaufenden, Entwicklungsprozess. Im Rahmen dieser Entwicklung der XiL-Umgebung kommt der Kopplung von virtuellen Modellen und physischen Elementen und Teilsystemen eine entscheidende Bedeutung bei. Hierzu ein grundlegendes Fundament zur Entwicklung entsprechender Koppelsysteme für die Validierung zu definieren und in eine ganzheitliche Methodik aufzubereiten, hat sich Herr Dr.-Ing. Tobias Pinner in seiner Arbeit zum Ziel gesetzt. Ziel der Arbeit von Herrn Dr. Pinner ist die Bereitstellung einer methodischen Unterstützung zur zielgerichteten Entwicklung von Sensor-Aktor-Systemen unter den Randbedingungen des IPEK-XiL-Frameworks zur ganzheitlichen Validierung. Seine Arbeit leistet in diesem Punkt einen wichtigen wissenschaftlichen aber auch praxisrelevanten Beitrag zum IPEK-XiL-Framework und dem Methodengebäude der KaSPro -Karlsruher Schule für Produktentwicklung und damit für die zukünftige Validierung komplexer mechatronischer Systeme in der Praxis. August, 2017 Albert Albers Kurzfassung Die Herausforderungen heutiger Produktentwicklung sind reduzierte Entwicklungszeiten, enge Kostenziele und Innovationsdruck, um auf dem Markt bestehen zu können. 2 In diesem Spannungsfeld ist eine frühzeitige und kontinuierliche Validierung ein essentieller Bestandteil zur erfolgreichen Umsetzung von Produkten 3 . Das IPEK X-in-the-Loop-Framework ermöglicht eine solche frühzeitige Validierung durch einen modellbasierten Ansatz, der die Validierung von (Teil-)Systemen in verschiedenen Detaillierungsebenen unterstützt. Dabei wird das zu untersuchende System im Test durch angebundene virtuelle und physische Modelle ergänzt, dieam Beispiel der Antriebsstrangvalidierungrelevante Bestandteile des Restfahrzeugs, des Fahrers und der Umwelt abbilden. Damit virtuelle und physische Modelle miteinander interagieren können, sind technische Systeme nötig, die diese miteinander koppeln und beispielsweise berechnete Größen physisch auf dem Prüfstand umsetzen. Die sogenannten Koppelsysteme (KS) übernehmen diese Aufgabe und sollen dabei das gewünschte Modellverhalten der beteiligten virtuellen und physischen Modelle nicht negativ beeinflussen. Teil dieser Arbeit ist die Entwicklung einer methodischen Unterstützung für die Zielsystemdefinition von Koppelsystemen. Dazu werden generische Ziele für KS zwischen virtuellen und physischen Modellen erarbeitet. Ein deskriptives Modell zur Beschreibung dieser KS wird auf Basis von empirischen Studien abgeleitet und kann bei Dekomposition und Synthese verwendet werden. Dies wird am Praxisbeispiel der Entwicklung eines Schaltroboters gemeinsam mit weiteren methodischen Bausteinen zur Identifikation konkreter Anforderungen in die Anwendung überführt. Ergebnis der Entwicklung ist ein flexibel einsetzbares, modulares Robotersystem, dessen verschiedene Regelungsstrategien erfolgreich bei der Validierung von Handschaltgetrieben auf Antriebsstrangprüfständen eingesetzt werden. Mit einer grafischen Benutzerschnittstelle sind wesentliche Eigenschaften des Schaltverhaltens parametrierbar, wie beispielsweise das Verhalten des Endeffektors oder Grenzkräfte. Durch definierte Firmwareschnittstellen ist das System zudem flexibel erweiterbar. Die methodischen und systemischen Ergebnisse der Arbeit werden hinsichtlich ihrer Zielerreichung und Übertragbarkeit überprüft. Der Schaltroboter wird dabei erfolgreich zum haptischen Simulator modifiziert, was die gewünschte Flexibilität und Anpassbarkeit des Systems zeigt. Anwendbarkeit, Erlernbarkeit und Nutzen des deskriptiven Modells zur Beschreibung von virtuell-physischen Koppelsystemen wird in einer empirischen Studie mit bestehenden Systemen bestätigt. Abstract Recent product engineering activities are facing reduced development cycles, tough target costs and the pressure for innovation in order to succeed in the long-term competition. 4 With these conflicting priorities the early and continuous validation of products is an essential part for their successful realization. 5 The IPEK X-in-the-Loop-Framework enables such an early validation by following a model-based approach. It supports validating (sub-)systems on various levels of detail. Therefor the system under investigation is combined with several connected virtual and also physical models, e. g. to simulate relevant parts of a vehicle while testing its drive-train, as well as an environmental and a driver influence. The interaction between such virtual and physical models requires technical systems that transform virtual flows into physical actions and vice versa, e. g. the physical application of calculated torque values on a test bench using an electric engine. This task is accomplished by using so-called "Koppelsystems" (KS; from the German word "koppeln" which means to connect, to link). These systems must not interfere with the desired model behaviour of the connected models. Part of this thesis is a methodological support for the definition of objectives for "Koppelsystems". Therefor a generic part of the system of objectives is defined. A descriptive model for the description of such KS is deduced from empirical studies and can be used for both decomposition and synthesis. With the development of a shifting robot these models and methods are put in practice. The main result of this development process is a flexible and modular robotic system for use within validation activities. Different control strategies have been successfully used with different validation aims and various manual gearboxes. A graphical user interface allows parameterization of shifting behaviour, e. g. force limits or the release of the shifting lever. Firmware interfaces enable the flexible extension of the robot system. Both the methodological and systemic results of this thesis are examined concerning the achievement of objectives and transferability. The shifting robot is extended into a haptic simulator to show the system's adaptability and flexibility. Applicability, learnability and benefit of the descriptive model is verified within an empirical study on existing KS. Danksagung Diese Arbeit entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als Akademischer Mitarbeiter am IPEK -Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Ich bedanke mich an erster Stelle bei meinem Doktorvater, Prof. Albert Albers, für intensive fachliche Diskussionen, Offenheit für neue Ideen und für wichtige Impulse bei der Bearbeitung. Die Institutszeit und der regelmäßige persönliche Austausch waren stets ein wichtiger Baustein für die fachliche, methodische und auch persönliche Weiterentwicklung. Professor Eckhard Kirchner danke ich herzlich für die Übernahme des Korreferats und den fachlichen Austausch zu Themen rund um den Schaltvorgang. Die Institutskultur am IPEK trug jederzeit dazu bei, sich sowohl fachlich als auch persönlich gut aufgehoben zu wissen. Anteil daran hat die gesamte IPEK-Familie, über Standort-und Forschungsgruppengrenze hinweg: Vielen Dank euch allen für eure Unterstützungsei es Rahmen der mechanischen und elektro-mechanischen Fertigung des Roboters, der Durchführung von Prüfläufen, der Breitstellung von Messtechnik oder der Diskussion von Entwicklungsmethoden. Paul, Aline und Katharina, ich danke euch für eure Motivation und Unterstützung in eurer Funktion als Gruppenleiter. Simon, Jan, Jonas und Anne, euch vielen Dank für viele produktive wissenschaftliche Mittagsessen und Frühstücke, in denen weder Forschung noch Unterhaltung zu kurz kamen. Ebenso vielen Dank allen Studierenden, die am Schaltroboter und an verwandten Themen mitgewirkt haben. Dabei gilt mein Dank insbesondere Franz und Fabian, die die softwareseitige Weiterentwicklung des Roboters als Hiwis unermüdlich begleitet haben. Mein privates Umfeld war gerade auch in der finalen Phase der Bearbeitung eine wichtige Stütze bei allen außerfachlichen Dingen: Meinen Eltern, Bärbel und Josef, danke ich dafür, in allen Belangen und vorbehaltlos an meiner Seite zu stehen. Ihr seid die Besten. Rike, ich danke dir für deine umfassende Unterstützung rund um die arbeitsreiche Zeit der finalen Ausarbeitung. Und euch allen, liebe Familie und Freunde, danke für die nötige Abwechslung und Ablenkung neben der Dissertation.
doi:10.5445/ir/1000076495 fatcat:tedwfk6esngifcvq3rg6cnvp6m