9. Zwei Verbündete, eine Besatzungspolitik? [chapter]

2019 Deutsche und italienische Besatzung im Unabhängigen Staat Kroatien  
Deutschland und Italien hielten den Unabhängigen Staat Kroatien gut zwei Jahre lang gemeinsam besetzt. Durch diesen Umstand bot sich eine vergleichende Untersuchung beider Besatzungen an. Die grundlegenden Unterschiede ihrer Besatzungsherrschaft ergaben sich sowohl aus den verschiedenen Vorstellungen, die im Dritten Reich und im faschistischen Italien über die künftige Ordnung Europas (und der Welt) im Allgemeinen und ihre Pläne für den jugoslawischen Raum im Besonderen herrschten. Gleichzeitig
more » ... gab es ein unterschiedliches Verständnis der eigenen Rolle in dieser Region. Hinzu kamen die speziellen Umstände des Besatzungsraums mit seiner heterogenen Bevölkerung und dem starken Widerstand. Aufgrund seiner ökonomischen und militärischen Schwäche sowie der im Vergleich mit Deutschland deutlich stärkeren Konkurrenz zum NDH versuchte Italien sich von den Vorstellungen und der Praxis der Nationalsozialisten und der Ustascha abzugrenzen. Die Unterschiede äußerten sich im politischen, wirtschaftlichen und auch militärischen Handeln der Besatzer sowie im Umgang mit der Lokalbevölkerung. Bei letzterem wird ein etwa zweijähriges Zeitfenster sichtbar, das ähnliche italienische und deutsche Ansätze trennte. Die expansionistischen Bestrebungen des Dritten Reichs zielten in erster Linie auf den Osten, wohin sich das Reich ausdehnen sollte. Im NDH hatten die Deutschen hingegen keine territorialen Ambitionen. Man verfolge hier keine der "Lebensraumpolitik" in Polen und der Sowjetunion vergleichbaren Ziele, die die Dezimierung der Bevölkerung und die Auslöschung ihrer Kultur beinhaltet hätten. 1 Rassismus als ein grundlegender Baustein der nationalsozialistischen Ideologie war zwar auch hier präsent, spielte jedoch eine untergeordnete Rolle. Das faschistische Italien hingegen verortete den NDH in seinem spazio vitale. Er sollte als treuer Vasall ein fester Bestandteil des faschistischen Imperiums werden. Bei diesem Konzept berief man sich auf das römische Imperium und die Eigenschaften, die diesem zugeschrieben wurden: einerseits Härte und Unnachgiebigkeit gegenüber jedem Widerstand, andererseits "Zivilisierung" und Einbindung der neu eroberten Gebiete. Beide Ziele sollten auch das faschistische Imperium prägen, ohne dass der Widerspruch zwischen ihnen jemals aufgelöst worden wäre. Dies demonstriert nicht zuletzt der Diskurs über das italienische Imperium in der italienischen (Fach)Presse in den 1930-er Jahren. Sie prägten letztlich das zwiespältige und sowohl von den Zeitgenossen als auch
doi:10.1515/9783110623833-009 fatcat:6rbqzgw7ivhg5ouqx5kdhaympi