Martyrium, Gewalt, Unsterblichkeit. Die Ursprünge eines religiösen Syndroms [chapter]

Jan-Heiner [Hrsg.] Tück
2018
Der Makkabäeraufstand in den Jahren um 165 v. Chr., wie er uns in den ersten beiden Makkabäerbüchern und in den Schriften des jü dischen Historikers Josephus Flavius geschildert wird, gehört in re ligionsgeschichtlicher Hinsicht zu den wahrhaft epochemachenden Ereignissen der Weltgeschichte. Das Besondere der historischen Si tuation liegt darin, dass hier Verschiedenes zum ersten Mal in der Geschichte aufzutreten scheint, was seitdem eine typische Verbin dung darstellt und bis in die Gegenwart
more » ... inein und heutzutage ganz besonders verschärft immer wieder vorkommt: • In den Makkabäerkriegen stoßen wir zum ersten Mal in der ge schichtlichen Wirklichkeit (nicht in der Literatur!) auf das Tö ten für Gott, den religiös motivierten Mord, den "Gotteseifer" oder Zelotismus. • Umgekehrt handelt es sich hier um das erste Auftreten der Idee des Martyriums, des Sterbens für Gott (hebr. qiddush ha-Shem). • In dieser Zeit setzt sich auch erstmals der Glaube an die Un sterblichkeit der Seele und die Erlösung von Leid und Tod in einem himmlischen Paradies oder einer kommenden Welt durch. • Es handelt sich hier über den bloßen Zelotismus hinaus um den ersten rein religiös motivierten Krieg, also den ersten Religions krieg der Geschichte, in dem Menschen im Namen des wahren Gottes und seines Gesetzes getötet werden. • Schließlich wird hier erstmals ein Krieg nach dem Prinzip der Schrifterfüllung auf der Grundlage und nach den Vorschriften eines heiligen Textes (in diesem Fall: des Deuteronomiums) durchgeführt, also "Gottesrecht" in historisches Handeln umge setzt.
doi:10.11588/propylaeumdok.00004078 fatcat:zdy7snw2avdo3csuiq4dyh5caa