Burkaverbot im Hörsaal: Zwang zur "offenen Kommunikation" statt Grundrechtsschutz?

Shino Ibold, Fachinformationsdienst Für Internationale Und Interdisziplinäre Rechtsforschung
2019
juwiss.de/30-2019/ von SHINO IBOLD Der Trend zum Erlass von sogenannten "Burkaverboten" ist derzeit auch im universitären Kontext zu beobachten. In Kiel, Gießen und ganz Bayern dürfen Studentinnen mit Gesichtsschleier nicht an Lehrveranstaltungen teilnehmen. Argumentiert wird in diesem Zusammenhang weniger mit aus der Kopftuchdebatte bekannten Gesichtspunkten wie der Geschlechtergleichheit oder der negativen Religionsfreiheit. Stattdessen heißt es, der Gesichtsschleier unterlaufe die
more » ... rderungen an eine offene wissenschaftliche Kommunikation. Die Kieler Christian-Albrechts-Universität erließ Ende Januar ein Verbot der Gesichtsverschleierung für sämtliche Lehrveranstaltungen. Anlass bot eine Studentin, die zu einer Vorlesung mit Niqab erschienen war, was ihrem Dozenten nicht behagte. Ein ähnlicher Umgang mit dem Gesichtsschleier erfolgt an der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie an Bayerischen Hochschulen, wo mit Art. 18 Abs. 3 BayHSchG sogar eine gesetzliche Regelung besteht. Der 2017 erlassene Verhaltenskodex zur Religionsausübung der Universität Hamburg definiert das Tragen religiös motivierter Bekleidung in Lehrveranstaltungen zwar nicht per se als Störung. Dies gelte für die Vollverschleierung allerdings nur, solange durch sie "nicht selbstverständliche Anforderungen an die wissenschaftliche Kommunikation" gestört werden. Auch hiernach erscheint ein Verbot für Lehrveranstaltungen mit Verweis auf das Argument einer notwendigen offenen Kommunikation also durchaus möglich.
doi:10.17176/20190302-205546-0 fatcat:27xha4p2zrgpfmx6k3lopjmkbi