Der Dioskurenkult im Ostbalkanraum zwischen Donau und Rhodopen
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Mircea Victor [Hrsg.] Angelescu, Irina [Hrsg.] Achim, Adela [Hrsg.] Bâltâc, Viorica [Hrsg.] Rusu-Bolindeţ, Valentin [Hrsg.] Bottez
2019
Zusammenfassung: Präsentiert werden im vorliegenden Beitrag die Zeugnisse des Dioskurenkultes aus dem definierten geographischen Bereich, wobei der Zeitraum vom 4. Jh. v. Chr. bis in die frühchristliche Zeit reicht. Die umfangreichste Gruppe bilden die steinernen Weihdenkmäler, die sich besonders im westpontischen Bereich und während der Römerzeit im Territorium von Philippopolis finden. Hier wird eine Datierung der einzelnen Monumente geboten. Die Beziehungen zum Thrakischen Reiter lassen an
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... rbindungen mit indigenen Religionsvorstellungen denken. In der Münzprägung kann der Dioskurenkult besonders gut in Emissionen von Tomis und der skythischen Kleinkönige hellenistischer Zeit nachgewiesen werden. Um ein möglichst komplettes Bild zu bieten, wurden Zeugnisse der Glyptik und der kleinen Bronzeplastik aus der römischen Kaiserzeit in die Untersuchung einbezogen. Stichwörter: Dioskuren; Ostbalkanraum; Weihdenkmäler. Der Dioskurenkult zählt im Bereich des Ostbalkanraumes zwischen Donau und Rhodopen nicht zu jenen Kulten mit einer gleichsam flächendeckenden Verbreitung. Gerade aber in Histria müssen diese Gottheiten schon früh populär gewesen sein. Als ein Beispiel dafür kann das Graffito auf dem Boden eines kannelierten Sporenhenkelkantharos aus dem dritten Viertel des 4. Jhs. gelten, der im Bereich der dortigen Plateausiedlung gefunden wurde1. Bereits in vorrömischer Zeit hatte man den Dioskuren Weihreliefs errichtet. Dargestellt werden sie als zwei hintereinander angeordnete Reiter auf nach rechts galoppierenden Pferden. Davor kann meist ein Adorant erscheinen. Aufgrund der bisher veröffentlichten Zeugnisse setzt die Reihe solcher Denkmäler im 3. Jh. v. Chr. ein. Allerdings hat sich bei einem Exemplar aus Odessos kaum etwas von der eigentlichen Darstellung erhalten2. Immerhin kann der obere Abschluss der Stele mit Akroteren als ungefährer Hinweis auf eine Entstehung dieses Denkmals im 3. Jh. v. Chr. gewertet werden. Ein Relieffragment mit ausgezeichneter Modellierung aus Histria darf man wohl schon allein wegen des Adoranten auf die Dioskuren beziehen, wenngleich sich nur die Figur des einen Reiters erhalten hat3 (Taf. 1/1). Wie schon M. Alexandrescu-Vianu angemerkt hatte, ist in diesem Fall allerdings eine präzise Datierung innerhalb des Hellenismus kaum möglich. Aufgrund der Rahmenleiste hat man ein weiteres fragmentarisches Dioskurenrelief aus Histria in das 3. Jh. v. Chr. datiert, das jedoch im Vergleich zu dem zitierten Beispiel von weitaus schlechterer plastischer Ausarbeitung ist4 (Taf. I/2). Auf die Funktion der 1 keineswegs sicher auf die Dioskuren bezogen werden, da angesichts des Winkels der Giebelschräge die Ergänzung eines zweiten Reiters im Bildfeld problematisch ist; wahrscheinlich handelt es sich eher um ein Grabdenkmal. 4 HISTRIA IX, 132, Nr. 179, Taf. 73b; zur Rahmenleiste vgl. ISM III, Nr. 167.
doi:10.11588/propylaeumdok.00004290
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