Die Reform des Gerichts der Europäischen Union. – Gedächtniskolloquium für Gert Nicolaysen, Hamburg, den 14. Juli 2017 –
Constantinos Iliopoulos
2018
Europarecht
Die vor kurzem beschlossene Reform des Gerichts ist mit weitreichenden Eingriffen in die Struktur des Gerichtssystems der EU verbunden. Sie sieht eine deutliche Erhöhung der Richterstellen in drei Stufen vor, die unter Einbeziehung des Gerichts für den öffentlichen Dienst und Übernahme der dort anhängigen Rechtsstreitigkeiten erfolgt. Es sei daran erinnert, dass nach dem Vertrag von Lissabon Art. 19 Abs. 1 S. 1 EUV vorsieht, dass "[d]er Gerichtshof der Europäischen Union 1 [...] den
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... 2 das Gericht 3 und Fachgerichte 4 [umfasst]". Dabei geht es um ein Organ bestehend aus mehreren Teilorganen. 5 Dieser Beitrag ordnet sich in den durch das Thema dieser Veranstaltung -die herausgeforderte Integration im Lichte des unionsverfassungsrechtlichen Ansatzes von Professor Dr. Dr. h. c. Gert Nicolaysen, wiedergelesen in Krisenzeitengegebenen Rahmen ein, indem er ein Schlaglicht auch auf die politischen Hintergründe der Reform wirft. Mit der Reform haben die politischen Entscheider nicht nur die praktischen Schwierigkeiten des Gerichts bei der Umsetzung seines Rechtsprechungsauftrags anerkannt und hierauf in positiver Weise durch die Reform des Gerichts reagiert. Vielmehr kommt die Reform insbesondere den Unionsbürgern zu Gute, indem sie deren Rechtsschutzbedürfnisse, auch soweit deren Bürgerrechte betroffen sind, anerkennt und stärkt. Sie hat insoweit auch eine unionsverfassungsrechtliche Dimension. Ich werde im Rahmen dieses Beitrags nicht auf die zum Teil lebhaft geführten Diskussionen eingehen, die den Gesetzgebungsprozess zur Reform des Gerichts begleitet haben. Stattdessen werde ich mich darauf beschränken, zunächst die Beweggründe darzustellen, die den europäischen Gesetzgeber veranlasst haben, das Reformprojekt anzugehen. Anschließend werde ich die durch die Reform beding-* Prof. Dr. Iliopoulos ist Richter am Gericht der Europäischen Union in Luxemburg und Professor emeritus der Democritus Universität Thrazien. Die letzte Aktualisierung der Rechtsprechung und der statistischen Nachweise erfolgte am 30.6.2017. Der Beitrag gibt allein die persönliche Auffassung des Autors wieder. 1 Fr. Cour de Justice de l'Union européenne, engl. the Court of Justice of the European Union. 2 Fr. Cour de Justice, engl. Court of Justice. In der deutschsprachigen Literatur hat sich der Terminus "Europäischer Gerichtshof", abgekürzt "EuGH", durchgesetzt. Dies könnte zu Missverständnissen führen, weil derselbe Terminus oft auch für das Organ "Gerichtshof der EU" benutzt wird. Eine Idee wäre, den Terminus weiterhin für den Gerichtshof zu benutzen, während für das Organ in seiner Gesamtheit der offizielle, in den Verträgen verankerte, Terminus "der Gerichtshof der Europäischen Union" benutzt wird. Als Abkürzung könnte der Terminus "Gerichtshof der EU" nützlich sein. 3 Fr. Tribunal, engl. General Court. In der deutschsprachigen Literatur hat sich der Terminus "Europäisches Gericht", abgekürzt "EuG", durchgesetzt. 4 Fr. Tribunaux spécialisés, engl. specialised Courts. 5 Zu dem Begriff der "Teilorgane" vgl.
doi:10.5771/0531-2485-2018-5-487
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