Zur Geschichte der astrologischen Praktik in den Walliser Kalendern des 18. und 19. Jahrhunderts
Anton Gattlen
1956
Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert hinein waren die Schreib-und Hauskalender neben der Bibel wohl die verbreitetsten Druckwerke. Grösster Beliebtheit erfreuten sie sich in ländlichen Gegenden, nicht zuletzt wegen der astrologischen Praktik, die in vielen Kalendern auch den Hauptbestandteil ausmachte1. Was auf diese Weise an Aberglauben ins Volk getragen wurde, ist teilweise bis heute erhalten geblieben2, trotzdem während mehr als zwei Jahrhunderten immer wieder, auch in den Hauskalendern selber,
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... gegen angekämpft worden ist. Ein treffendes Beispiel für diesen Kampf und die Zähigkeit, mit welcher sich der Aberglauben festzuhalten vermochte, bieten die Walliser Kalender des 18. und 19. Jahrhunderts, deren Entwicklung hier unter diesem Gesichtspunkt verfolgt werden soll3. Für diese Untersuchung fallen hauptsächlich drei auch in andern Kalendern anzutreffende astrologische Abteilungen in Betracht: das Prognosticon astrologicum (deutsch Jahres-Praktik genannt), der astrologische Teil der Monatstabellen und die sogenannte Lasstafel. Das Prognosticon astrologicum war eine allgemeine Vorschau auf die Konstellation der Planeten zu Beginn einer jeden der vier Jahreszeiten, an welche Mutmassungen geknüpft wurden über Witterung, Fruchtbarkeit, Krankheiten, Kriege und andere Ereignisse. Form und Geist dieser Praktiken, wie sie in den ältesten4 1 Vgl. dazu R. Weiss, Volkskunde der Schweiz (Zürich 1946) 295 und A. Fringeli, Der Kalender, ein gutes Volksbuch: Solothurnerland-Heimatland (Aarau 1945) 59ff. 2 I. Mariétan, L'influence des planètes et de la lune d'après les montagnards du Valais: FIS 34 (1944) 5i*-6o*, gibt dafür eine Bestätigung. Seine Feststellungen treffen auch für das deutsche Wallis und zweifellos für andere ländliche Gegenden zu. 3 Für diese Untersuchung kommen, wenigstens für das 18. Jahrhundert, sowohl die Schreibwie auch die Hauskalender in Frage. Sie sind von gleicher Hand redigiert worden und stimmen, soweit es sich feststellen liess, in den hier in Betracht fallenden Abschnitten überein. -Bibliographische Übersichten enthalten L. Meyer, Die periodischen Walliser Drucksachen im 19. Jahrhundert, fortgeführt bis ins Jahr 1907: Zeitschrift für schweizerische Statistik 43 (1907) und L. Imhoff, Les Almanachs du Valais : Annales valaisannes 3 (1936-39) 491-496. Beide Arbeiten sollten aber in verschiedenen Punkten berichtigt und ergänzt werden. 4 Das älteste Exemplar, das festgestellt werden konnte, ist unter dem Titel Neuer Schreib-Calender 1720, Sitten, M. Naterer, erschienen (Exemplar in der LB Bern).
doi:10.5169/seals-115062
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