Das Seeland im frühen Mittelalter (476-700 n.Chr.)
Max Martin
2017
wurde die Kaiserresidenz des weströmischen Reiches von Augusta Treve-°rUm (Trier) an der Mosel ins oberitalienische Ravenna an der Adria verlegt. Von er> tiefgreifenden Veränderungen im spätantiken Römerreich im Westen trug j.'cht wenigauch dieser Schritt dazu bei, dassGallien, einst ein Kerngebiet der west-j^en Provinzen und noch im 4. Jahrhundert ein Eckpfeiler des Reiches, fortan ^ndzone des wankenden Imperiums und der Mittelmeerwelt insgesamt war; etwa n ndert Jahre danach wurde es jedoch
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... m Zentrum des im Frankenreich und im aehfo|genden Karolingerreich aufblühenden frühmittelalterlichen Europa. ereits zehn Jahre nach der Verlegung der Kaiserresidenz wurde die noch unter $ch'Ser ^alentinian (364-375) mit mächtigen Kastellen, Ketten von Wachttiirmen, gr '^änden und Strassenposten zu einem eigentlichen Wall ausgebildete Reichs-"'ohf6 V°m Niederrhein bis zum Bodensee zwar nicht als Staatsgrenze aufgegeben, f aber als Grenzbefestigung gegenstandslos. Denn nach einem verheerenden ^ 3,1 germanischer Völker am Ende des Jahres 406 wurde die Grenzfront nicht als solche besetzt und die übriggebliebenen Kastellgamisonen dem mobilen hta Cer zu8eteih (HOFFMANN 1973). An ihrer Stelle übemahmen Teile der ger-(foe^jISC^en ^(üker, der Franken, Burgunder und Alamannen, die durch Vertrag dat. Usi Bundesgenossen (foederati) der Römer geworden waren, den Schutz und vinzh de (aeto wohl auch die Herrschaft über weite Teile der gallischen Grenzpro-$ec. etl arn ^hein-Wohl gehörten auch diese Gebiete, darunter die Provinz Maxima lanq an°rum, zu der nebst Ostfrankreich, der West-und Nordschweiz auch das See-'(irek^*101^6' ^e mre weiterhin zum weströmischen Reich, doch konnte dieses seine Jahre e ^taatsgewalt in Nordgallien und am Rhein bis zu seinem «Untergang» im Hi]fe p ^ nur noch schlecht und recht ausüben. Immerhin hat es -allerdings mit der remder Söldner-in den 430er Jahren die um Worms angesiedelten Burgun-'Vojjj s sie deu Staatsverträgen zum Trotz sich Iinksrheinisch weiter ausdehnen iti djg6?' radilcai angegriffen und die Reste des geschlagenen Stammes im Jahre 443 ReiCh andschaft Sapaudia umgesiedelt. Dieser bedeutende Eingriff des römischen Qesch^ ln das Geschehen in Gallien -einer der letzten -wirkte sich auch auf die ,chte des frühmittelalterlichen Seelandes aus, wie wirgleich sehen werden. ö u sPäteströmische Zeit und das burgundische Königreich (400-532) uasS chä0|0 nd auch fast das ganze 6. Jahrhundert haben im Seeland nur spärlichste ar-Vün. 8lsche Spuren hinterlassen. Es sind einzelne topographisch-geographische h. J^hrh' einzelne historisch überlieferte Ereignisse und dann die seit dem späteren nUr irn Undert wieder reichlich vorhandenen Bodenfunde, die uns -letztere quasi Uckblick -erkennen lassen, dass das Seeland auch nach 400 durchaus wei-X Ktin, Nax, Dr.phil., Konservator des Römermuseums Augst, 4302 Augst ter besiedelt blieb, wenn auch zweifellos viel spärlicher als zur Blütezeit des Römer reiches. Die hier lebenden Nachkommen der provinzialrömischen Bevölkerun? fiihlten und nannten sich weiterhin, selbst nach dem Untergang des weströmische11 Reiches (476), Romani, d.h. Römer, weshalb sie auch in der Frühmittelalterfor schung als Romanen bezeichnet werden. Auch in derspätesten Römerzeit und im beginnenden Frühmittelalterdiirfteh Zentrum unseres etwa 700 km2 grossen Gebietes (vgl. Plan E) wie in den vorange gangenen Jahrhunderten am unteren Ende des Bielersees gelegen haben, in jenc111 Raum also, wo Aare und Zihl sich vereinigten und Jäissberg und Büttenberg u Seeland vom Aaretal gegen Solothum hin trennen. Hier liefen weiterhin von w _ sten, von Avenches und Yverdon her, die Strassen zu Lande wie auch aufden Se und Flüssen zusammen. Hierzweigte auch bei Biel durch die Taubenlochschluc eine Verbindungsstrasse zum Birstal und zum Rhein ab. Neue archäologische tn deckungen lassen vermuten, dass noch im 4. Jahrhundert nur wenige Kilome nördlich von Petinesca, dem regionalen Vorort zur Blütezeit des Römerreiches.e neuer Schwerpunkt geschaffen wurde, dem allerdings allem Anschein nach ke langes Leben beschieden war: In Mett (um 1 150 Maches/1305 Mett, von altfrz. mache bzw. lat. meta = Getre' demühle?), nur gute 20 km von Solothum und -in Luftlinie -35 km nordöst "• von Avenches, wurde in odernahe bei einem spätrömischen Friedhof etwa zur Qf, Konstantins des Grossen (306-337) die Grabstätte eines hohen Beamten oder fiziers des römischen Reiches errichtet (s. den Beitrag VON KAENEL S. 138). E* über diesem Grabbau entstand im 5./6. Jahrhundert eine Kirche, die wie die Kitf . im Castrum Salodurense (Solothurn) dem Heiligen Stephanus geweiht war (Lt NER 1978). Mit weit mehr Recht als dies kürzlich allein aufgrund der Verkehrs ® getan wurde (MARTIN 1975: Karte), darf man jetzt inoderbei Mett, an ver^fteu geographisch wichtiger Stelle, einen in spätrömischer Zeit erbauten befest'£ Platz, am ehesten ein kleines Kastell, postulieren. Sogleich stellt sich dabei natürlich einmal mehr die Frage: Lag einst in spätrömisches Kastell? Einen Entscheid in dieser Streitfrage können nur AuS® bungen und Funde erbringen. Dass sich aber unter dem Kern der Bieler Alts t eine spätrömische Befestigung verbirgt und noch ihrer Entdeckung harrt, ersC uns beim jetzigen Forschungsstand und nach gründlichem Abwägen der bisher , für vorgebrachten Argumente wenig wahrscheinlich. Allerdings beruht dicse k 1 )(i sis nur zum kleinsten Teil auf dem Fehlen archäologischer Spuren, ist doch z' £\\s Baden AG erst vor kurzem der Rest eines einst recht imposanten Strassen(?)*ca:' entdeckt worden, von dem niemand etwas wusste. a\e\ Die zuletzt von GROSJEAN 1963 für die einstige Existenz eines Kastells1,1 ^jangeführten Argumente sind nicht zwingend. So frappierend der Vergle'1-'*1 ..ge schen dem Grundriss der Bieler Altstadt um den Ring und den in Form ur>d , ay scheinbargleichen Stadtkemen der in spätrömischen Kastellen stehenden lothurn und Olten aufden ersten Blick ist, muss doch dazu folgendes gesagt Eine Gmndrissanalyse sollte die jeweilige topographische Situation und e||e staltung enger einbeziehen. Der glockenförmige Grundriss der beiden Aarek^ wie auch etwa des an der Saöne gelegenen Kastells Cabillonum (Chalon-sur'!,'
doi:10.11588/propylaeumdok.00003410
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