Vom Ketzerkönig zum christianissimus rex. Politische Dimensionen der homöischen Christologie: Afrika im 5. und 6. Jahrhundert mit einem Ausblick nach Spanien
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Roland Steinacher, Uta Heil
2019
Das Christentum im frühen Europa
Roland Steinacher VomK etzerkönig zum christianissimus rex. Politische Dimensionen der homöischen Christologie: Afrikaim5.und 6. Jahrhundert mit einem Ausblick nach Spanien Das vandalische Afrikag ilt als Musterbeispiel des "Kirchenkampfs" zwischen homöischen Barbaren und katholischen Römern. Kronzeugens ind Victor vonV ita, Fulgentius vonRuspe und Quodvultdeus vonKarthago. Etwa 50 Jahre nach dem Ende der VandalenkönigeinAfrika 533kam es dagegen in Spanien zum Ausgleich zwischen Katholiken und
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... omöern: Die westgotischen Königebeendetenmit dem 3. Konzil von Toledo im Mai 589 die konfessionellen Auseinandersetzungena uf der spanischen Halbinsel. Dem Gotenkönig wurde vonkatholischen Schriftstellern rasch politisches und religiöses Charisma zugeschrieben, das dem eines Kaisersk aumn achstand. Johannesv on Biclaro beispielsweise verglich Reccared (586 -601) mit Konstantindem Großen. Das westgotische Beispiel zeigt,w ie eng die Verbindungv on homöischem Klerus und gotischer Elite war und wie viel Konfliktpotential in diesen Strukturen lag. Königliche Herrschaft hatte offenbar im 6. Jahrhundertn ur durch die Unterstützung einer funktionierenden katholischen Kirche eine Zukunft.Im5.Jahrhundert dagegen versuchten mehrerev andalische Herrscher eine homöische Kirchenstruktur zu etablieren. Wiew eit war nun das vandalische Afrika tatsächlichv on einer "spanischen Lösung" entfernt?W as sind die politischen Implikationen der Christologie und der Klerikerkreise, die diese trugen? Wieund warum konnten sich verschiedene Kirchen in den poströmischen Regna formieren? 1G eiserich (429 -477) unddie katholische Kirche Der in Rom im Umfeld des Papstes schreibende Prosper vonA quitanien berichtet schon für die Jahre nach 435v on ersten vandalischen Maßnahmen gegendie katholische Kirche. 429waren die Vandalen nach Afrika gekommen und im genannten Jahr 435wurde ein Frieden mit Kaiser Valentinian III. (425-455) unterzeichnet.¹ Im Jahre Dieser Text konnte im Rahmen meiner Anstellung in der DFG Kolleg-Forschergruppe "Migration und Mobilität in Spätantikeund Frühmittelalter" an der Universität Tübingen geschrieben werden. Mischa Meier,S teffen Patzold undS ebastian Schmidt-Hofner dankei ch füri hreG astfreundschaft undv iele Anregungen, FabianVölzing (Tübingen) fürdie Durchsicht des Apparats undK orrekturarbeiten. Prosper vonAquitanien, Chronicon Additamenta Africana 1321 a. 435(486 Mommsen): [Paxfacta cum Wandalis data eis ad habitandum] per Trigetium in loco [Africae portione] Hippone III idus Febr;Prosper 437w urden in jenem Teil Afrikas,d er vond en Vandalen kontrolliert war,m ehrere Bischöfe abgesetzt und ausi hren Städten verjagt.D ie Prominentesten unter ihnen waren Possidius vonC alama, der Biograph des Augustinus, Novatus vonS itifis und Severianus, wahrscheinlich Bischofv on Mila. Prosper fand scharfe Worte für das Vorgehen des Königs: Geiserich wolle nun in Afrika den katholischen Glauben durch die arianische Ketzerei ersetzen.² Der Monarch erwartete, dass die Mitglieders eines Hofes der "arianisch"-homöischen Kirche angehörten. Diese homöischenG eistlichen kamen häufig ause inem militärischen Milieu, sie waren Teil der neuen Militärelite. Ein Teil der Klientel, die der Königbei der ständigen Verteilungm aterieller Güter,von Einfluss und Macht zu bedenken hatte, war der homöische Klerus. Das macht die Vorgehensweise Geiserichs besser verständlich. Die Hasdingen gerieten wie die wenigenK aiser,d ie sich des "Arianismus" angenommen hatten, in die Rolle vonPatronen homöischer Geistlicher. Man konnte sich dabei aufk aiserliche Beschlüsse ausd em 4. Jahrhunderts tützen. Kaiser Constantius II. (337-361) hatte während seiner Regierungszeit kirchliche Kreise unterstützt,d ie dasK onzil vonN icäa ablehnten. Eine einheitliche, sogenannte homöische Glaubensformel wars ein Ziel. Dies ließ sich langfristign icht im Reich durchsetzen, doch warendie Beschlüsse der durch den Kaiser einberufenen Konzilien eine Möglichkeit der Legitimation für homöische Theologen.³ Die Beschlüsse der Reichskonzilien vonR imini und Seleukia ausd em Jahr 359s ollten mehr als ein Jahrhundert später in den afrikanischen Provinzen Programm werden. Die Forderungn ach einem Bekenntnis im Sinne des Vandalenkönigswurde mit teils drastischen Maßnahmen durchgesetzt,wie das Schicksal vonf ünf ausS panien stammenden Römern im Hofstaat Geiserichs zeigt: Arcadius,P robus,P aschasius, Eutycianus und Paulillus,d ie sich, obwohl der König das als Loyalitätsbeweis forderte, nicht zum Homöischen bekennen wollten, wurden enteignet,v erbannt und schließlich, nach dem Versuch zurückzukehren, mit Ausnahme des Paulillus hingerichtet.⁴ Pseudo-Gennadius und ein Trostbrief des Bischofs Honoratus, der in Cirta (Constantia) residierte,berichten vondiesen Vorgängenum480.⁵ Victor vonV ita zählt als eine der Behinderungen der afrikanischen Katholiken auf, Geiserich habe verboten, den Pharao, Nebukadnezar,H olofernes,H erodes oder vonA quitanien, Chronicon Epitome Carthaginiensis 1321(497Mommsen);v gl. Steinacher (2016) 103 -107. Prosper vonA quitanien, Chronicon 1327 a. 437( 475M .): In Africa Gisiricus rexW andalorum, intra habitationiss uae limites volens catholicam fidem Arriana impietate subvertere, quosdam nostrorum episcopos,q uorum Posidius et Novatus ac Severianus clariores erant, eatenus persecutus est, ut eos privatos iure basilicarum suarum etiam civitatibus pelleret, cum ipsorum constantia nullis superbissimi regis terroribus cederet.
doi:10.1515/9783110643503-010
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