Brot, Hunger und Demokratie : Hamadan im Jahr 1906

Bert G. Fragner
2018
Brot, Hunger und Demokratie: Hamadän im Jahr 1906 Theorien und Parameter zur Erforschung und Definition dessen, was wir -nicht zuletzt auch ich im obenstehenden Titel -Demokratie zu nennen pflegen, haben in Disziplinen wie Politische Wissenschaften oder Zeitgeschichte während der vergangenen Jahrzehnte einigen Wandel erlebt. Insbesondere unter den Bedingungen des Kalten Krieges waren immer wieder Irritationen darüber entstanden, was da im Laufe der Zeit alles unter den Flaggen "Demokratie",
more » ... ie Welt" etc. segelte oder verschifft wurde. So erwies sich das reale Vorhandensein der institutionellen Kategorie des Parlamentarismus zwar einerseits als ein wichtiger Indikator für eine demokratische Gesellschaft, hingegen noch keineswegs als Garantie für Unabhängigkeit und freiheitliche Verhältnisse innerhalb eines gegebenen Landes. Vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, daß neben die Frage nach den Formen der institutionalisierten Repräsentation zunehmend das Interesse für die Intensität der damit verbundenen Partizipation der Repräsentierten, des so oft feierlich zitierten und beschworenen "Volkes", an der Machtausübung trat. Hinsichtlich Irans erster Revolution, der "Verfassungsrevolution"enqeliib-c masrü_tiyat-, ist die Frage nach dem quantitativen Umfang der Beteiligung und Anteilnahme des "Volkes", der "Massen" etc. oft gestellt worden. Wiederholt wurde von manchen Forschern und Fachleuten davor gewarnt, in den revolutionären Vorgängen im Iran des frühen 20. Jhdts eine oder mehrere Massenbewegungen schlechthin erkennen zu wollen, wo allenfalls nach Zahl und Menge sehr beschränkte, eher exklusive Intellektuellenzirkel tätig gewesen sein mögen. Andererseits steht außer Zweifel, daß in einzelnen Abschnitten. Vorkommnissen und Phasen der Verfassungsrevolution vorübergehend erreichte Grade an Öffentlichkeit, an Einbindung großer Bevölkerungsteile in das politische Geschehen und mithin an Teilhabe daran durchaus bemerkenswert waren. Unter den historischen Bedingungen der iranischen Gesellschaft, in denen Derartiges herkömmlich allenfalls im Falle von Rebellionen, Aufständen etc. kurzfristig vorgekommen war, ist in bczug auf die Verhältnisse der cnqe!iib-c masrüf iyat das Phänomen von ausgeweiteter Partizipation schon als solches auffällig und beachtenswert. Aus diesem Grund liegt mir persönlich die Frage nach der umfassenden Beurteilung "wie demokratisch war die iranische Verfassungshcwegung bzw. -revo-
doi:10.20378/irbo-50098 fatcat:qdmdlvmomrbi7nqqliulkcbf2m