Zur Einwirkung "strahlender Energie" auf die experimentelle Tuberkulose des Auges1)

1911 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
1)ie nachfolgend berichteten experimentellen Untersuchungen stellen Ergebnisse des Schnittpunktes zweier getrennter größerer Expeiimentalstudien der beiden Verfasser dar: Flemining war beschäftigt mit Untersuchungen über die Wirkungsweise des Radiums und des Mesothoriums und Krusius mit solchen über die experimentelle Tuberkulose des Auges.2) Es hatte sich bei den Untersuchungen über die Wirkungen des Radiums auf geschädigte Augenteile die Notwendigkeit herausgestellt, mit einer quantitativ und
more » ... zeitlich genau dosierbaren Noxe zu arbeiten, und hier hatten nun gerade die Ergebnisse und die Methodik der Tuberkulosestudien des einen von uns den gegebenen Weg gezeigt.3) Es war dies folgender: Eine auf bestimmte Teile des Auges lokalisierte, quantitativ lenau abgestufte Tuberkuloseinfektion bot uns neben der cuantitativen Dosierung noch den weiteren Vorteil, daß auch jiese Noxe analog dem Radium erst nach einer Inkubationseit ihre Wirkungen manifest werden ließ, was eine größere Koinzidenzmöglichkeit der zu erforschenden Faktorenstrahlende Energie, Tuberkelbazillen, Organzellen --und ihrer wechselseitigen Beeinflussung bot. Es mögen somit auch die nachfolgend berichteten Ergebnisse vorerst nur unter dem engeren Gesichtspunkte dieser Wechselwirkung -der speziellen Einwirkung strahiender Energie auf die Tuberkulose des Auges -. beurteilt werden. Die Tuberkuloseimpfungen selbst erfolgten in die vordere Kammer oder intrakorneal. Verwandt wurde eine Emulsion einer trocken gepreßten Perlsucht-Bouillonkultur mit physiologischer Kochsalzlösung im Gewichtsverhiiltnis 1 10 Millionen, sodaß mit 0,05 cern 0,000 005 rnmg Tuberkelbazillen verimpft wurden. Diese Emulsion wurde uns seitens des Königlichen Instituts für Infektionskrankheiten zur Verfügung gestellt. Die absolute quantitative Konstanz dieser Verimpfungsmethode möge dadurch beleuchtet werden, daß wir bei über 200 derartig geimpften Augen ein auf den Tag konstantes Inkubationsstadium und fast mathematisch entsprechenden Verlauf der Kontrollen beobachten konnten. Der klinische Symptomenkomplex der Impfungen sei einer speziellen Demonstration vorbehalten. Um auch die Fehlerquelle des tierischen Individualfaktors auszuschalten, wurde stets das eine Auge des Kaninchens als Kontrolle für das andere benutzt. Die von dem Radium und seinen Verwandten ausgehenden Strahlenenergien zerfallen bekanntlich in verschiedene Gruppen, die sich durch unterschiedliche physikalisch-chemische Wirkungen und biologische Eigenschaften wesentlich trennen lassen. Es war zu erwarten, daß bei der Vorderkammerimpfung ein großer Teil der leicht absorbierbaren Strahlen nicht zur Geltung kam, und so wurde in anderen Reihen mit Erfolg von der intrakornealen Impfung Gebrauch gemacht, hei der die Bazillen im Gewebe nur durch dünne Korneallamellen von der Fläche mit Radium'bromid getrennt waren.
doi:10.1055/s-0028-1130905 fatcat:waloqx4cfza2hkuclhug2kbi24