Einiges über Ankylostoma duodenale (Fortsetzung aus No. 29.)

Otto Leichtenstern
1887 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Die Encystirung, mit welcher die bekannten von Perroncito klassisch beschriebenen und abgebildeten Veränderungen im Körperbau des früheren Embryo verbunden sind, hat für das Leben der Larve und ihre weiteten Schicksale die grösste biologische Bedeutung. Die Einkapselung ist das letzte Stadium im Leben der Ankylostomen im Freien. Die von mir mit aller Vorsicht angestellten Filtterungsversuche am Menschen haben definitiv bewiesen, dass die eingekapselten, beweglichen Ankylostoma-Larven in den
more » ... chlichen Darmtractus übergegangen, sich dort (im Duodenum und Jejunoileum) zum fertigen parasitären Ankylostoma entwickeln; in der 5. bis 6. Woche findet die Begattung statt, worauf alsbald die charakteristischen Eier in den Stühlen der Inficirten erscheinen. Dies ist der wahre und einfache Sachverhalt; im Gegensatz zu diesem steht eine früher1) von mir getheilte, alsbald aber als irrig erkannte und zurückgenommene2) Ansicht, wonach sich aus den Ankylostoma-Larven eine im Freien lebende geschlechtsreife und fortpflanzungsfähige, rhabditisartige Generation entwickeln sollte. Ich werde auf die complicirten und interessanten Verhältnisse, die mich zu dieser irrthimlichen Ansicht seinerzeit verleiteten, ausführ-Deutsche med. Wochenschrift 1886, No. il und Zur Entwicklungsgeschichte von Ankylostoma duodenale" Centralbiatt f. kIm. Medic. 1886, No. 8. Fútterungsversuche mit Arikylostoma-Larven. Eine neue Rhabditis-Art in den Faeces der Ziegelarbeiter. Berichtigung. Centralbiatt f. kIm. Medic. 1886. No. 39. lich an der Hand von Zeichnungen zurückkommen. Dann wird sich auch Gelegenheit finden , meine eingehenden Studien über die frei lebenden Nematoden (Rhabditiden) der hiesigen Ziegelfelder, sowie meine Erfahrungen iber Rhabdonema strongyloides (drei Fälle, nämlich zwei Ziegelarbeiter und einen aus Holländisch-Indien heimgekehrten, im hiesigen Birgerhospital lange Zeit beobachteteti Soldaten) zu publiciren. Die Einkapsehirig scMitzt die Larve vor äusseren Schädlichkeiten und macht sie ausserordentlich widerstaridsfähig. Wihrend die Eier der Ankylostomeu nur innerhalb gewisser, ziemlich eiiger Temperatur-Grenzen und bei einer nicht zu wässerigen Conisistenz der Faeces -wie die Italiener schon sehr richtig gezeigt haben') -sich zu Embryonen entwickeln, während die frisch ausgekrochenien Embryonen in der gleichen Hinsicht sehr empfindlich sind und leicht zu Grunde gehen, insbesondere auch in einem zu wasserreichen Medium, ist das eigentliche Element der encys tirten Larven: das Wasser. Ich habe einigekapselte Larveii nicht nur Wochen, sondern Monate in Wasser lebend erhalten, unid es hat sich durch viele Versuche herausgestellt, dass sie in diesem Stadium unid iii diesem Medium selbst grösseren Temperaturdifferenzen widerstehen können. Noch heute, am Tage, wo ich dies schreibe (8. Mai 1887), habe ich ein mit Wasser gefûlltes Schälchen controlirt, welches am 4. October 1886 mit eucystirteni Ankylostoma-Larven beschickt worden war; es fanden sich noch zahlreiche wohl erhaltene und lebhaft bewegliche encystirte Larven vor. Ein grosser Feind der encystirten Ankylostoma-Larven ist die totale Einitrocknung, ein Punkt, hinsichtlich dessen ich von Perroncito's Angaben etwas abweiche; auch nur eine ganz kurz dauernde stärkere Eintrocknung ist meinen Erfahrungen zu Folge im Stande, das Leben und die Bewegungsfâhigkeit der encystirten Larven, wie man sich leicht beim Eintrocknenlassen auf dem Objectträger úberzeugen karin , ein! fúi allemal zu vernichten, ohne dass nachtrâglicher Wasserzusatz noch etwas ändern k3nnte. Ich weiss wohl, dass sich in dieser Hinsicht die Embryonen und Larven anderer Nematoden anders zu verhalten scheinen, indern die Einitrocknung bei langsamem Verlauf derselben" sogar den Uebergang in das Larvenstadium, die Häutung und Bildung der CystenMille begiuiistigeni kann. (Vgl. Schneider, 1. c. p. 302.) Doch muss ich zugeben, dass in massig eingetrockneten Ficalmassen eingeschlossene Larven ausserordentlich lange bei nur geringem Wassergehalt des umgebenden Mediums sich lebend erhalten kannen. Davon úberzeugte mich dieser Tage eine Culturplatte, welche am 4. October 1886 angelegt und dann ihrem Schicksale in einer feuchten Kammer fiberlassen worden war. Sie war oberflächlich so fest eingetrocknet, dass sich die Fcalmasse mit dem Messer schaben liess. Ich war aber, als ich am 8. Mai 887 die unterhalb der Kruste befindliche Masse mit Wasser anfeuhtet,e , nicht wenig überrascht, neben verkalkten todten Larven immerhin noch spärliche bewegliche, mit nor-malerChitinhûlle anzutreffen. Diese Erfahrung macht es mir wahrscheinlich, dass unter allerdings selten gûnstigen Bedingungen die Larven auf den Ziegelfeldern vielleicht sogar zu iberwintern im Stande sind, einen milden Winter vorausgesetzt. Bei meinen Untersuchungen der Ziegelfelder im vorigen Herbst, Ende November, 1/4 Jahr nachdem die Arbeiter das Feld verlassen hatten, traf ich einmal innerhalb trockener alter Fcal-Massen noch lebende Ankylostoma-Larven. Zahlreiche derselben fand ich neben verschiedenartigen Rhabditiden in dem flüssigen Inhalte der Abtrittgruben an. Bewahrt maïi encystirte Ankylostoma-Larven in einem breiigeii Medium auf, z. B. in Faeces-Culture in dünner Schicht auf eine Glasplatte aufgestrichen -was für die Entwicklung der Eier zu Larven unstreitig die beste Methode ist2) -und kommt es (bei nicht täglich vorgenommener Anfeuchtung oder bei von Anfang an zu dickem Medium) zu längere Zeit sich hinziehendem Wassermangel, so sterben die Ankylostoma-Larven allmählich ab und bieten nun in fortschreitender Weise eine Reihe von Degenerationszeichen jlar, welche den Zoologen aus dem Leben abgestorbener Larven längst bekannt sind. 3) Zunächst hat die Wasserentziehung aus der Chitinhiille" (der Cyste) zur Folge, dass sich diese, ähnlich, wie wir dies oben von der Wirkung starken Alcohols gesehen haben, sich enger und enger dem Körper der Larve anlegt. Sodann treten runde, alsbald aber eigenthümlich unregelmässig geformte, fettig glinzende Gebilde auf, welche, indem sie sich mit ihren Contouren gegenseitig berilhren, zu einer charakteristischen gefelderten Zeichnung der Larve Anlass geben. Um diese Zeit sind die Larven lingst nicht mehr beweglich. Ich würde auf diese, von Perroncito so vortreiflich "Nelle fece liquide o diarroiche le ova dell' anchilostoma non si sviluppano." Intorno all' anchilostomiasi. Osservaz. dei dottori Grassi Battista, Parona Ernesto e Parona Corrado, Milano 1879. Perroncito L'anemia . . . . p. 230. Ich habe wohl dutzendmal corn pacte Faecalhaufen, so wie sie entleert wurden, der Luft ausgesetzt, sorgfältig vor Eintrocknung geschützt, in geeigneter Temperatur Wochen und selbst ein paar Monate lang aufbewahrt, ohne dass sich die in den Faeces enthaltenen Eier weiter entwickelt hätten. Massige Verdûnnung der Faeces und flächenhafte Ausbreitung derselben in dinner Schicht sind zur Entwicklung der Eier, abgesehen von der Temperatur, unerlässliche Bedingungen. Auch in zugepfropften, mit Faecalmassen geffillten Gläsern entwickeln sich die Eier niemals. Dagegen ist es gleichgûltig, ob man den Faecallirei auf Glas, Porcellan, Holz etc. etc. oder, wie jüngst ein Beobachter unnöthigerveise gethan hat, auf Lehm aufstreicht. Der L e h m der Ziegelfelder hat mit der Entwicklung der Ankylostoma-Eier ebensowenig etwas zu thun, als die Kohlenfiötze oder Erzlager der Bergwerke oder die Felsen des St. Gotthard! Vergl. z. B. Schneider 1. e. 5. 302. 28. Juli. DEUTSCHE MEDICINISCUE WOCHENSCURIFT. 669 28. Juli. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. Die Encystirung, mit welcher die bekannten von Perroncito klassisch beschriebenen und abgebildeten Veränderungen im Körperbau des friiheren Embryo verbunden sind, hat für das Leben der Larve und ihre weiteten Schicksale die grösste biologische Bedeutung. Die Einkapselung ist das letzte Stadium im Leb en der Azikylostomen im Freien. Die von mir mit aller Vorsicht angestellten Fütterungsversuche am Menschen haben definitiv bewiesen, dass die eingekapselten, beweglichen Ankylostoma-Larven in den menschlichen Darmtractus übergegangen, sich dort (im Duodenum und Jejunoileum) zum fertigen parasitaren Ankylostoma entwickeln; in der 5. bis 6. Woche findet die Begattung statt, worauf alsbald die charakteristischen Eier in den Stählen der Inficirten erscheinen. Dies ist der wahre und einfache Sachverhalt; im Gegensatz zu diesem steht eine früher'1) von mir getheilte, alsbald aber als irrig erkannte und zurückgenommene ) Ansicht, wonach sich aus den Ankylostoma-Larven eine im Freien lebende geschlechtsreife und fortpflanznngsfähige, rhabditisartige Generation entwickeln sollte. Ich werde auf die complicirten und interessanten Verhältnisse, die mich zu dieser irrthümlichen Ansicht seinerzeit verleiteten, ausfuhri) Deutsche med. Wochenschrift 1886, No. il und Zur Entwicklungsgeschichte von Ankylostoma duodenale" Ceutraiblatt f. kim. Medic. 1886, No. 8. 2) Fütterungsversuche mit Ankylostoma-Larven. Eine neue Rhabditis-Art in den Faeces der Ziegelarbeiter. Berichtigung. Centraiblatt f. kim. Medic. 1886. No. 39. lich an der Hand von Zeichnungen zurückkommen. Dann wird sich auch Gelegenheit finden, meine eingehenden Studien über die frei lebenden Nematoden (Rhabditiden) der hiesigen Ziegelfelder, sowie meine Erfahrungen über Rhabdonema strongyloides (drei Fälle, nämlich zwei Ziegelarbeiter und einen aus Holländisch-Indien heimgekehrten, im hiesigen Biirgerhospital lange Zeit beobachteten Soldaten) zu publiciren. Die Eiukapselung schätzt die Larve vor äusseren Schadlichkeiten und macht sie ausserordentlich widerstandsfähig. Während die Eier der Ankylostomeu nur innerhalb gewisser, ziemlich enger Temperatur-Grenzen und bei einer nicht zu wässerigen Consistenz der Faeces -wie die Italiener schon sehr richtig gezeigt haben') -sich zu Embryonen entwicke]n, während die frisch ausgekrochenen Embryonen in der gleichen Hinsicht sehr empfindlich sind und leicht zu Grunde gehen, insbesondere auch in einem zu wasserreichen Medium, ist das eigentliche Element der encystirten Larven: das Wasser. Ich habe eingekapselte Larven nicht nur Wochen, sondern Monate in Wasser lebend erhalten, und es hat sich durch viele Versuche herausgestellt, dass sie in diesem Stadium und in diesem Medium selbst grösseren Temperaturdifferenzen widerstehen können. Noch heute, am Tage, wo ich dies schreibe (8. Mai 1887), habe ich ein mit Wasser gefülltes ScMlchen controlirt, welches am 4. October 1886 mit encystirtemi Ankylostoma-Larven beschickt worden war; es fanden sich noch zahlreiche wohl erhaltene und lebhaft bewegliche encystirte Larven vor. Ein grosser Feind der encystirten Ankylostoma-Larven ist die totale Eintrocknung, ein Punkt, hinsichtlich dessen ich von Perroncito's Angaben etwas abweiche; auch nur eine ganz kurz dauernde stärkere Eintrocknung ist meinen Erfahrungen zu Folge im Stande, das Leben und die Bewegungsfähigkeit der encystirten Larven, wie man sich leicht beim Eintrocknenlassen auf dem Objectträger überzeugen kann, ein für allemal zu vernichten, ohne dass nachträglicher Wasserzusatz noch etwas ändern könnte. Ich weiss wohl, dass sich in dieser Hinsicht die Embryonen und Larven anderer Nematoden anders zu verhalten scheinen, indern die Eintrocknung bei langsamem Verlauf derselben" sogar den Uebergang in das Larvenstadium, die Häutung und Bildung der Cystenhülle begünstigen kann. (Vgl. Schneider, 1. e. p. 302.) Doch muss ich zugeben, dass in mässig eingetrockneten Fäcalmassen eingeschlossene Larven ausserordentlich lange bei nur geringem Wassergehalt des umgebenden Mediums sich lebend erhalten können. Davon überzeugte mich dieser Tage eine Culturplatte, welche ara 4. October 1886 angelegt und dann ihrem Schicksale in einer feuchten Kammer überlassen worden war. Sie war oberflächlich so fest eingetrocknet, dass sich die Fäcalrnasse mit dem Messer schaben liess. Ich war aber, als ich am 8. Mai 1887 die unterhalb der Kruste befindliche Masse mit Wasser anfeuehtete, nicht wenig überrascht, neben verkalkten todten Larven immerhin noch spkrliche bewegliche, mit nor-malerChitinhülle anzutreffen. Diese Erfahrung macht es mir wahrscheinlich, dass unter allerdings selten günstigen Bedingungen die Larven auf den Ziegelfeldern vielleicht sogar zu überwintern im Stande sind, einen milden Winter vorausgesetzt. Bei meinen Untersuchungen der Ziegelfelder im vorigen Herbst, Ende November, 1/4 Jahr nachdem die Arbeiter das Feld verlassen hatten, traf ich einmal innerhalb trockener alter Fäcal-Massen noch lebende Ankylostoma-Larven. Zahlreiche derselben fand ich neben verschiedenartigen Rhabditiden in dem flüssigen Inhalte der Abtrittgruben an. Bewahrt man encystirte Ankylostoma-Larven in einem breiigen Medium auf, z. B. in Faeces-Culture in dünner Schicht auf eine Glasplatte aufgestrichen -was für die Entwicklung der Eier zu Larven unstreitig die beste Methode ist2) -und kommt es (bei nicht täglich vorgenommener Anfeuchtung oder bei von Anfang an zu dickem Medium) zu längere Zeit sich hiuziehendem Wassermangel, so sterben die Ankylostoma-Larven allmählich ab und bieten nun in fortschreitender Weise eine Reihe von Degenerationszeichen .dar, welche den Zoologen aus dem Leben abgestorbener Larven längst bekannt sind.3) Zunächst hat die Wasserentziehung aus der "Chitinhülle" (der Cyste) zur Folge, dass sich diese, ähnlich, wie wir dies oben von der Wirkung starken Alcohols gesehen haben, sich enger und enger dem Körper der Larve anlegt. Sodann treten runde, alsbald aber eigenthiimlich unregelmässig geformte, fettig glänzende Gebilde auf, welche, indem sie sich mit ihren Contouren gegenseitig berühren, zu einer charakteristischen gefelderten Zeichnung der Larve Anlass geben. Um diese Zeit sind die Larven längst nicht mehr beweglich. Ich würde auf diese, von Perroncito so vortreiflich "Nelle fece liquide o diarroiche le ova deli' anchilostoma non si sviluppano." Intorno all' anchilostomiasi. Osservaz. dei dottori Grassi Battista, Parona Ernesto e Parona Corrado, Milano 1879. Perroncito L'anemia . . . . p. 230. Ich habe wohl dutzendmal coin pacte Faecalhaufen, so wie sie entleert wurden, der Luft ausgesetzt, sorgfältig vor Eintrocknung geschützt, in geeigneter Temperatur Wochen und selbst ein paar Monate lang aufbewahrt, ohne dass sich die in den Faeces enthaltenen Eier weiter entwickelt hätten. Mässige Verdünnung der Faeces und flächenhafte Ausbreitung derselben in dünner Schicht sind zur Entwicklung der Eier, abgesehen von der Temperatur, unerlässliche Bedingungen. Auch in zugepfropften, mit Faecalmassen gefüllten Gläsern entwickelix sich die Eier niemals. Dagegen ist es gleichgültig, ob man den Faecallirei auf Glas, Porcellan, Holz etc. etc. oder, wie jüngst ein Beobachter unnöthigerweise gethan hat, auf Lehm aufstreicht. Der Lehm der Ziegelfelder hat mit der Entwicklung der Ankylostoma-Eier ebensowenig etwas zu thun, als die Kohlenfiötze oder Erzlager der Bergwerke oder die Felsen des St. Gotthard! Vergl. z. B. Schneider 1. e. S. 302. Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.
doi:10.1055/s-0029-1197868 fatcat:gmee4v7ggjc3hc7tktkubo5soy