Heidi Grundmann, Elisabeth Zimmermann, Reinhard Braun, Dieter Daniels, Andreas Hirsch, Anne Thurmann-Jajes (Hg.): Re-Inventing Radio. Aspects of Radio as Art

Sven Thiermann
2009
Jajes (Hg.): Re-Inventing Radio. Aspects of Radio as Art Frankfurt a.M.: Revolver 2008, ISBN 978-3-86588-453-4, 541 S., € 25,- Dass nach den überschwänglichen Anfangsjahren der elektronischen Webmedien heute nicht mehr so oft vom Ende des 'Altmediums' Radio geredet wird, kann man in zwei Richtungen interpretieren: Entweder das Ende ist schon so nah, dass es selbst zur Thematisierung nicht mehr hinreicht, oder die Rede vom Ende war sowieso immer nur eine Metapher, gern zyklisch bei Umbrüchen der
more » ... Medienwelt reaktiviert. Die Herausgeber dieses engagierten Buches über Radio würden sich wohl am ehesten zwischen diesen beiden Möglichkeiten positionieren: Die Untergangsmetapher ist zwar nicht mehr belastbar, hat aber immerhin dazu beigetragen, dass gerade in der vermeintlichen Auflehnung gegen diese das Radio als Medium immer wieder mit neuen Bestimmungen überschrieben wurde. Umnutzung, Aneignung, Mutation -das sind die Schlagworte, unter denen sich das, was in dem Buch materialreich zusammengetragen wurde, subsumieren lässt. Der Band geht auf eine Tagung zum Thema "100 Jahre Radio" Anfang 2007 in Wien zurück. Gewürdigt wurde damit ein Jubiläum, welches doch kaum den Sprung in eine größere Öffentlichkeit geschafft hat. Beitragende des Buches sind vor allem Radiokünstlerinnen und -künstler sowie Radiopraktiker und -wissenschaftler, die der Idee einer künstlerischen Aneignung des Mediums nahestehen. Daraus entstanden zwei verschiedene Beitragstypen: einerseits Beschreibungen von konkreten Projekten in der Radiokunstgeschichte, andererseits Analysen und Deutungen rund um dieses Thema. Erfreulicherweise liegt der Fokus dabei auf den nicht-institutionalisierten, eher aus der unabhängigen Radiolandschaft stammenden Erfahrungen und Konzepten, die auf eine (oft nicht transparente und unbewusste) Tradition verweisen können. Das geht mindestens bis zu den 60er/70er Jahren, aber teils auch bis zu den Anfängen des Radios überhaupt zurück. "Re-Inventings" hat es demnach -folgt man den Ausführungen -eigentlich schon immer gegeben, die wiederkehrende Betonung macht einen schon fast dahingehend skeptisch, ob es sich jeweils tatsächlich um Neu-"Erfindungen" handelt. Vielleicht sollte man dies eher als eine fortlaufende Frage nach der Funktionalität des Mediums lesen, die dann logischerweise auch nie endgültig beantwortet werden kann. Schon im Ursprung wird diese Frage deutlich: Technisch ist die 'Erfindung' des Radios aufgrund mehrerer technologischer Schritte nur ungenau lokalisierbar, entscheidend war daher immer die soziale Verwendung der vorhandenen Möglichkeiten -eine in die Geburt eingeschriebene Notwendigkeit des permanenten Re-Inventings! Dieter Daniels bringt in diesem Zusammen-
doi:10.17192/ep2009.4.652 fatcat:roet4ynq6jgvncjtydfqgoramy