Buchbesprechungen – Book Reviews
Peter Jordan, Peter Weichhart, Herwig Wakonigg, Rolf Jordan, Peter Fritz
2021
Mitteilungen der Oesterreichischen Geographischen Gesellschaft
Hrsg.) (o.J. [2020]): Alpenvereinsjahrbuch "BERG 2021" (= Zeitschrift des Alpenvereins, Band 145). Innsbruck -Wien: Tyrolia-Verlag. 1. Aufl., 255 S., 260 Farb-und 30 Schwarz-Weiß-Abb., ISBN 978-3-7022-3876-6. Die Karnischen Alpen/Alpi Carniche sind ein Gebirgszug der Südlichen Kalkalpen an der österreichischen Grenze zu Italien zwischen dem Sextental/Valle di Sesto im Westen und dem Tal der Gailitz/Slizza im Osten, der mehrere Besonderheiten aufweist: eine erdgeschichtliche Vielfalt, die ihn zu
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... einem Eldorado der Geologen gemacht hat; den südlichsten Gletscher Österreichs (Eiskar); seine vielen Almen; sein Schicksal als heiß umkämpfte Front im Ersten Weltkrieg gegen Italien mit vielen noch sichtbaren Spuren und Erinnerungsorten; den viel begangenen Karnischen Höhenweg; das Nassfeld, das größte Skigebiet Kärntens, auch Karnische Skiregion genannt. Diesem Gebirge widmet sich das Alpenvereinsjahrbuch 2021 als Schwerpunktthema, wobei es die Karnischen Alpen als Karnischen (Haupt-)Kamm bezeichnet, um sie von den Karnischen Voralpen [Prealpi Carniche] in Italien, auch Südliche Karnische Alpen genannt, zu unterscheiden. Von den vielfältigen Inhalten dieses Jahrbuchs auf insgesamt 255 Seiten ist ein Abschnitt von 61 Seiten diesem Schwerpunkt vorbehalten, auf den hier näher eingegangen werden soll. Von besonderem geographischen Interesse sind die Beiträge von Axel Klemmer, der das Gebirge umfassend geographisch beschreibt, von Werner Koroschitz über die sowohl verbindende als auch trennende Wirkung dieses Gebirges, von Lisa-Maria Homagk über das Leben in einem Tal im Hochgebirge (Lesachtal), von Hans Peter Schönlaub über die Geologie des Gebirgszugs und von Gerhard Hohenwarter über das Eiskar. Während die trennende Wirkung eines Gebirges, das eine Staatsgrenze bildet, nicht eigens erklärt werden muss -auch wenn sich diesbezüglich ein markanter Wandel von einer militärischen Front zur EU-Binnengrenze eingestellt hat -erweist sich das Verbindende der Karnischen Alpen nicht nur an ihren schon von Kelten und Römern genutzten Pässen und Übergängen, sondern auch am Flößen von Holz aus dem Lesachtal über den Piave zur Versorgung von Venedig [Venezia], am Bestoßen der Almen im Gail-und Lesachtal auch vom Süden her, an den aus Kärnten und Tirol besiedelten deutschen Sprachinseln in der Carnia und im Comelico wie Timau/Tischlwang, Sauris/ Zahre, Forni Avoltri/Öfen und Sappada/Bladen, an der Tradition von gebirgsüberschreitenden Wallfahrten nach Maria Luggau im Lesachtal und auf den Luschariberg [Monte Lussari] im Kanaltal [Val Canale], an der traditionsreichen saisonalen Arbeitsmigration von Holzarbeitern, Maurern und Steinmetzen aus der Carnia, am Schmuggel zur Zeit der Zollgrenze und heute vor allem im Tagespendeln aus der Carnia in die Industriebetriebe des Gailtales und im wechselseitigen Tourismus, der für das Kanaltal, das Nassfeld und die Region Kötschach-Mauthen besonders wichtig ist. Im auf bis zu 1.450 m Seehöhe ansteigenden, engen und abgelegenen Lesachtal zeigen sich die Probleme des ländlichen Raumes in aller Deutlichkeit: bei der Nahversorgung mit dem täglichen Bedarf, Ärzten und Bildung, vor allem auch im Mangel an jungen Frauen. Die sonst gängigen Kon-Buchbesprechungen 563 zepte des öffentlichen Verkehrs sind praktisch nicht übertragbar. Ein Riegel gegen die Abwanderung und auch ein starkes Motiv für Rückkehrer ist das rege Vereinsleben, Neuzuwanderer treffen aber auch auf eine sehr in sich geschlossene Gesellschaft. Das Eiskar zu Füßen der Kellerwand konnte sich in der für einen Gletscher relativ geringen Seehöhe von 2.200 bis 2.300 Metern nur halten, weil es nördlich und im Schatten der mächtigen Kellerwand (2.774 m) liegt und weil von dort aus auch immer wieder Lawinen auf das Eisfeld niedergehen. Es ist allerdings heute schon großteils von Schotter bedeckt und als Gletscher kaum noch erkennbar. Dem Band liegt die neu erstellte Alpenvereinskarte 57/1 Karnischer Hauptkamm West bei, die im Maßstab 1:25.000 die Karnischen Alpen im Osten bis zum Plöckenpass/Passo Monte Croce Carnico erfasst. Sie weist die von Alpenvereinskarten gewohnte hohe Qualität auf -mit plastischer Geländedarstellung und Felszeichnung, einem detaillierten Straßen-und Wegenetz und einer akribischen Namenschreibung, die deutsch-italienische Zweinamigkeit am Grenzverlauf beinhaltet, aber doch auch die deutschen Sprachinseln in Italien zusätzlich mit deutschen Namen versehen könnte, die ja ebenso wie die italienischen amtlich sind und auf der Ortstafel stehen.
doi:10.1553/moegg162s562
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